40 Jahre Wunschbaby
2016 wurden in Österreich 3.871 Babys dank IVF geboren.
Vor 40 Jahren kam Louise Brown als erstes künstlich gezeugtes Baby auf die Welt. Zwei Expertinnen eines Kinderwunschzentrums erzählen, wie stark sich die Methoden der künstlichen Befruchtung seither verändert haben.
Am 25. Juli 1978 kam in der britischen Stadt Oldham erstmals ein im Labor gezeugtes Baby zur Welt: Louise Brown. Das vom Physiologen Robert Edwards und vom Gynäkologen Patrick Steptoe entwickelte Verfahren der In-vitro-Fertilisation (IVF) war damals über viele Jahre in Pionierarbeit entwickelt worden; im Jahr 2016 wurden alleine in Österreich 3.871 Babys dank dieser Reproduktionstechnik geboren. Louise Brown ist mittlerweile selbst Mutter zweier Söhne (Cameron und Aiden), die beide auf natürlichem Weg gezeugt wurden.
„Die Schwangerschaftsrate war damals sehr niedrig im Vergleich zu heute“, erzählt Biologin Maria Kokotsaki. Denn bevor Louise Brown auf die Welt kam, waren viele Versuche einer künstlichen Befruchtung gescheitert. „Heute liegt die Erfolgsquote einer Schwangerschaft bei 60 Prozent. Bei jüngeren Frauen sind die Aussichten besser, ab 35 Jahren sinkt die Qualität der Eizellen rapide.“ Das steigende Alter der Eltern ist neben einer schlechten Samenqualität beim Mann und dem PCO-Syndrom (Polyzystisches Ovarialsyndrom; eine Hormonstörung) sowie Endometriose bei der Frau einer der Gründe, warum die Anfragen in Kinderwunschkliniken boomen.
„Man kann sich heute auch gar nicht mehr vorstellen, wie damals gearbeitet wurde“, sagt Gynäkologin Dr. Heidi Witte. So soll Prof. Edwards die entnommene Eizelle in einem Behälter um den Bauch geschnallt ins Labor transportiert haben, um diese warmzuhalten. „Stabile Temperaturen sind bei der künstlichen Befruchtung sehr wichtig. Heute werden die Zellen nach der Entnahme sofort in vorgewärmte Behälter gegeben, da liegen keine zwei Meter dazwischen, und auch die Temperaturen in den Brutkästen sind stabil. Außerdem sind Labor und Klinik im Normalfall mittlerweile an derselben Adresse“, erzählt die Expertin.
Die Biologin Maria Kokotsaki fügt hinzu: „Man weiß inzwischen auch, dass die größten Erfolge zu verzeichnen sind, wenn man die Eizelle fünf Tage nach der Befruchtung wieder einsetzt. Früher ist der Transfer einmal einen Tag danach, einmal zwei Tage danach passiert, weil man einfach viel ausprobiert hat.“
Natürlich ist nicht nur das Wissen, sondern sind auch die technischen Möglichkeiten ganz andere: „Bei uns wird über eine Kamera ein Time-Lapse, ein Zeitraffer, nach der Befruchtung erstellt, wo alle fünf Minuten ein Bild gemacht wird, um die Entwicklung der Embryonen zu beurteilen. So kann man nach fünf Tagen nicht nur schauen, welcher Embryo dann am besten aussieht, sondern auch, welcher sich über den gesamten Zeitraum insgesamt am besten geteilt und entwickelt hat.“
Geringere Risiken, höhere Chancen
Haben in den vergangenen 40 Jahren oft Mehrlingsschwangerschaften nach künstlichen Befruchtungen Schlagzeilen gemacht, ist das Risiko einer solchen mittlerweile gering. „Wir setzen im Normalfall nur einen Embryo ein“, so Dr. Witte. „Fünf bis sechs Embryonen, wie das zwischendurch öfter gemacht wurde, sind jetzt undenkbar. Das birgt zu viele unnötige Risiken während der Schwangerschaft und der Geburt.“ Ausnahme: „Nur wenn schon mehrere Versuche fehlgeschlagen sind oder die Frau älter ist, werden zwei Embryos transferiert“, sagt Kokotsaki.
Ein weiterer Pluspunkt für die moderne Technik: „Wenn man heute zehn reife Eizellen entnimmt und alle befruchtet, kommt es bei einer Patientin, die noch nicht so alt ist, im Schnitt zu vier bis fünf Blastocysten (Embryonen nach fünf Tagen Entwicklung). Eine setzt man ein, die anderen kann man einfrieren“, so Kokotsaki.
Aber noch zwei nicht unwesentliche Punkte haben sich massiv geändert: „Die Hormondosis zur Stimulation der Eizellen ist viel geringer. Man weiß, dass viel nicht viel bringt. Besser ist es, Hormone gezielt einzusetzen“, so Witte. Und sowohl die Entnahme als auch die Befruchtung waren früher Behandlungen, die einen Spitalsaufenthalt notwendig gemacht haben. Die Eizellen wurden über eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) über die Bauchdecke entnommen, heute geht das mit einer leichten Sedierung über die Scheide. Auch der Embryotransfer ist heute ein kleiner Eingriff. Er erfolgt mit einer kurzen Sedierung, man kann am selben Tag nach Hause gehen.
Die Expertinnen:
Dr. Heidi Witte, Gynäkologin, und Diplom-Biologin Maria Kokotsaki, MSc
VivaNeo Wien, www.vivaneo-wien.at

Dr. Heidi Witte

Diplom-Biologin Maria Kokotsaki, MSc