Brustkrebs: "Eine Chemo ist heute immer seltener notwendig"

Thema: Diagnose: Brustkrebs – alles, was Sie wissen sollten!
Die rosa Schleife ist das Solidaritätszeichen für Brustkrebs

Die rosa Schleife ist das Solidaritätszeichen für Brustkrebs

Brustkrebs-Spezialist Dr. Christian Singer verrät, wie Sie Ihr persönliches Brustkrebs-Risiko minimieren können, warum Früherkennung so wichtig ist und wie eine moderne Brustkrebs-Behandlung heute abläuft.

Wie kann man sein Brustkrebs-Risiko senken?

Christian Singer: Am wichtigsten sind Bewegung und Normalgewicht. Schon eine Gewichtsabnahme von 4,5 Kilo kann das Risiko um 45 Prozent senken. Sieben Stunden Bewegung pro Woche senken das Risiko um 18 Prozent, vier Stunden starke körperliche Aktivität sogar um 40 Prozent. Ein dritter wichtiger Punkt ist der Alkoholkonsum. Das Risiko erhöht sich bei einem regelmäßigen Konsum von mehr als einem Glas pro Tag um sieben Prozent je Glas. Die Einnahme von Folsäure kann den Effekt bis zu einem gewissen Maß neutralisieren.

Was erhöht noch das Risiko?

Christian Singer: Weitere Risikofaktoren, auf die wir wenig Einfluss haben: das Alter, eine genetische Belastung (in 90 Zentren österreichweit kann man ein solches austesten lassen: www.brustgenberatung.at), ein frühes Einsetzen der Regel oder späte Wechseljahre. Je länger die weiblichen Geschlechtshormone auf die Brust wirken, desto schlechter ist das. Schwangerschaften vor dem 35. Lebensjahr und Stillen senken das Risiko.

Was kann man tun, um Brustkrebs früh zu erkennen?

Christian Singer: Neben dem Abtasten der Brust nach der Regel sollte man auch das Früherkennungsprogramm wahrnehmen und zwischen 45 und 69 Jahren zweijährlich zur Mammografie gehen (www.frueh-erkennen.at). Viele Frauen vergessen nach der Menopause leider darauf.

Welche Arten von Brustkrebs sind am häufigsten?

Christian Singer: In 80 Prozent der Fälle ist der Brustkrebs hormonabhängig, d. h., der Tumor wird durch die weiblichen Geschlechtshormone zum Wachsen angeregt. In zehn Prozent ist der Krebs triple-negativ, das ist ein sehr aggressiver, hormonunabhängiger Tumor, der meist junge Frauen trifft. Und in 15 Prozent der Fälle ist er überschneidend hormonabhängig und HER2-überexpressiv, es sind zu viele HER2-Rezeptoren vorhanden. Dieser Tumor ist ebenfalls aggressiv, hat aber dank guter Therapien gute Heilungschancen.

Wie läuft eine Behandlung ab?

Christian Singer: Kleine Tumore kann man sofort operieren, in 80 Prozent der Fälle brusterhaltend. Anschließend folgt die Therapie. Eine Chemo ist heute immer seltener notwendig. Große Tumore werden vor der OP mit Chemo oder einer antihormonellen Therapie geschrumpft.

Wo gibt es Unterstützung?

Christian Singer: In jedem Brustzentrum gibt es ausgebildete Sozialarbeiter, Psychoonkologen und Breast Care Nurses, also Schwestern, die auf Brustkrebs spezialisiert sind. Beratung und Betreuung gibt es bei der Krebshilfe; der Verein Flora (flora-wien.at) unterstützt bedürftige Frauen.

Der Experte

Univ.Prof. Dr. Christian Singer, Gynäkologe, Leiter der Arbeitsgruppe Brustgesundheit an der Frauenklinik im AKH, www.meduniwien.ac.at/brustCC

Univ.-Prof.Dr. Christian Singer

Univ.-Prof.Dr. Christian Singer

In der Septemberausgabe von Lust aufs LEBEN erzählen zwei Brustkrebs-Betroffene, wie Sie mit der Krankheit umgegangen sind, was Ihnen geholfen hat und wo Sie noch mehr Unterstützung gebraucht hätten.