Diabetes: Diagnose als Chance

Diabetes – umgangssprachlich „Zuckerkrankheit“ – gehört zu den häufigsten Zivilisationskrankheiten.

Diabetes – umgangssprachlich „Zuckerkrankheit“ – gehört zu den häufigsten Zivilisationskrankheiten.

Insulin spritzen, Sport- und Ernährungspläne: Die Diagnose Diabetes bedeutet immer einen Wandel im Leben der Betroffenen. Sie stellt aber auch eine Chance dar: Viele Patienten können selbst etwas für mehr Lebensqualität tun.

Sophie Lang (35) verbreitet seit sieben Jahren in der Morgenshow bei „Radio Arabella“ gute Laune. Sie ist fit und schlank. Seit einigen Wochen hat sie jedoch ständig Durst, trinkt sechs Liter Wasser am Tag. Sie nimmt ab – und schiebt den Gewichtsverlust auf ihr Sporttraining. Obwohl erblich vorbelastet, kommt ihr nicht in den Sinn, an Diabetes zu leiden. Schließlich konsultiert sie einen Arzt: „Mir ist es auf die Nerven gegangen, dass ich ständig auf die Toilette musste“ (siehe Interview auf Seite 30). Die Diagnose ist ein Schock für sie: „Mein Vater ist auch Diabetiker. Aber mit 25 Jahren habe ich das abgehakt. Wenn ich die Erkrankung bis jetzt nicht habe, erwischt es mich wohl nicht mehr, dachte ich.“ Weit gefehlt.

Erst ein paar Tage nach der Diagnose kann Lang akzeptieren, dass sie Typ-1-Diabetikerin ist. Und fortan Insulin spritzen muss. Die Moderatorin ist damit eine von etwa 600.000 Österreicherinnen und Österreichern, die an einer Form von Diabetes – umgangssprachlich auch „Zuckerkrankheit“ genannt – leiden. Rund 430.000 davon befinden sich in ärztlicher Behandlung – beim Rest handelt es sich um nicht diagnostizierte Fälle. Diabetes gehört zu den am weitesten verbreiteten Zivilisationskrankheiten. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO leiden global rund 350 Millionen Menschen an der Stoffwechselerkrankung.

Oft lange unerkannt

Das Fatale: Viele erkennen die Krankheit zunächst nicht. Beim Typ-2-Diabetes, der häufigsten Form, reagieren die Körperzellen zunehmend unempfindlich auf das Hormon Insulin. Dieses soll die Aufnahme von Traubenzucker (Glukose) aus den Blutbahnen in die Zellen fördern, wo der Zucker zur Energiegewinnung dient. Als Folge der zunehmenden Unempfindlichkeit der Zellen steigt der Blutzuckerspiegel. Risikofaktoren für diese Diabetesform sind vor allem eine genetische Veranlagung, Übergewicht und Bewegungsmangel. Betroffen sind meist Ältere, zunehmend häufiger aber auch junge Menschen. Weil er oft keine Symptome mit sich bringt, wird ein Diabetes Typ 2 in vielen Fällen nur nebenbei entdeckt. Etwa wenn ein Betroffener sich wegen einer anderen Erkrankung im Krankenhaus behandeln lässt. Nur etwa 30 bis 50 Prozent der unbehandelten Typ-2-Diabetiker entwickeln typische Anzeichen (siehe Kasten rechts). Oft wird die Krankheit so spät erkannt, dass bereits diabetische Folgeschäden (wie Augen- oder Nierenerkrankungen) vorliegen.

Die zweithäufigste Form ist der Typ-1-Diabetes. Hier handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit. Das bedeutet: Das eigene Immunsystem zerstört Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das Hormon Insulin herstellen. Dadurch entsteht ein Insulinmangel. Um den erhöhten Blutzuckerspiegel zu behandeln, müssen Betroffene meist ihr Leben lang Insulin spritzen. Typ-1-Diabetes tritt oft im Jugend- oder jungen Erwachsenenalter auf und entwickelt sich wesentlich schneller als ein Typ-2-Diabetes (oft sogar innerhalb weniger Wochen). Er macht er sich fast immer mit den typischen Symptomen (gesteigerter Durst, Harndrang, Müdigkeit) bemerkbar. Die Symptome treten auf, wenn ein Großteil der Inselzellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört ist.

Leben mit Diabetes

Wer die Diagnose Diabetes erhält, muss sich mit Fragen zu Therapie, Überwachung (Monitoring) und den möglichen akuten und chronischen Komplikationen auseinandersetzen. Es ist für Betroffene notwendig, sich Schritt für Schritt ihr Leben mit der Krankheit einzurichten. Neben psychischen Belastungen (wie Ängsten) beeinträchtigen Menschen mit Diabetes auch Notfallsituationen wie eine schwere Unterzuckerung (Hypoglykämie). Ärzte können ihre Patienten nicht rund um die Uhr begleiten. Die Betroffenen müssen daher lernen, selbst mit ihrer Krankheit umzugehen und sie bestmöglich in ihren zu Alltag integrieren. Eine strukturierte Schulung und praktisches Training sind wichtige Bestandteile der Diabetes-Therapie. Zentrale Themen sind dabei die individuell vereinbarte Plasmaglukose-Einstellung, ausgewogene Ernährung oder die Steigerung der körperlichen Aktivität. Entscheidend ist vor allem, sich die Lebensfreude im Alltag zu erhalten. Dies gelingt in der Regel umso besser, je mehr man über den Diabetes weiß – und über die eigenen Möglichkeiten, den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen.