Die häufigsten Ernährungsmythen

Wer nach dem Aufstehen nicht gerne frühstückt, kann auch einen Smoothie trinken.

Wer nach dem Aufstehen nicht gerne frühstückt, kann auch einen Smoothie trinken.

Was viele glauben, was aber noch lange nicht stimmt. Häufige Mythen im Check.

1. KOHLENHYDRATE MACHEN DICK.

„Man muss sich vor Kohlenhydraten sicher nicht fürchten“, relativiert Ernährungswissenschafterin Karin Lobner. Kohlenhydrate dienen unserem Körper und unserem Gehirn als Energielieferanten. Durch den Verzehr kohlenhydrathaltiger Lebensmittel (Kartoffeln, Reis, Gebäck) nimmt der Körper Zucker auf, den er in Energie umwandelt. Es kommt also wie immer auf die Energiebilanz an: Nimmt der Mensch mehr Kalorien auf, als er benötigt, speichert der Körper den Überschuss und Fettpolster entstehen. Besser zu Vollkorngebäck greifen? „Das ist vor
allem Geschmackssache. Es muss nicht immer schwarzes Pumpernickel sein – auch Grahamweckerl enthalten Vollkorn“, so Lobner.

2. FETTES ESSEN MACHT UNS FETT

Fett ist nicht gleich Fett: Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, enthalten etwa in Lachs oder Hering, sind sogar lebenswichtig für den Körper. Auch ungesättigte Fettsäuren, die zum Beispiel in Pflanzenölen vorkommen, werden für den Aufbau des Gehirns, für die Produktion von bestimmten Hormonen oder für die Immunabwehr benötigt. Fette sind also per se nicht schlimm. „Vermeiden sollte man Fette in Fertigprodukten. Aber Salate oder eine Rohkostplatte brauchen sogar Fett – gut sind Oliven-, Raps- oder Leinöl“, weiß die Expertin. Wer abnehmen möchte, sollte also darauf achten, gute Fette in Maßen (60 bis 80 Gramm pro Tag) aufzunehmen.

3. WER VIEL EIWEISS ISST, BLEIBT SCHLANK

Das stimmt so nicht ganz. Eiweiß sorgt zwar dafür, dass man schneller satt ist. Allerdings ist bei einer eiweißhaltigen Ernährung auch Vorsicht geboten. Würde man etwa auf Obst und Gemüse, die ja Kohlenhydrate in Form von Zucker und Stärke beinhalten, verzichten, wäre der Körper nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt. Zudem können die Nieren ein Überangebot an Eiweiß nicht mehr verwerten. Das Risiko von Nierensteinen und Knochenerkrankungen steigt. „Der No-Carb-Trend ist nicht zu empfehlen. Die Ernährung sollte immer ausgewogen und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein“, bestätigt Lobner.

4. WENN ICH NICHTS ESSE, NEHME ICH AB

Ein Trugschluss! Ohne die Zufuhr von Nahrung gerät der Körper unter Stress und fährt seinen Energieverbrauch herunter. Die Folge: Er baut überwiegend Muskelmasse und kaum Fett ab. Mangelerscheinungen können auftreten. Um geistigen und körperlichen Leistungstiefs, Kopfschmerzen, Schwächegefühl oder Sehstörungen vorzubeugen und um Heißhungerattacken im Keim zu ersticken, ist es wichtig, regelmäßig zu essen. Wie viele Mahlzeiten am Tag verzehrt werden sollten, entscheidet die individuelle Stoffwechselveranlagung. Lobner: „Manchen geht es besser, wenn sie nur ein- oder zweimal am Tag essen, andere kommen mit fünf kleineren Portionen besser zurecht.“

5. LIGHT-PRODUKTE HELFEN BEIM ABNEHMEN

Das kommt darauf an. Das Problem dabei ist: Wer gerne zu Light-Produkten greift, isst häufig mehr. Dadurch nimmt man unbewusst erst recht die gleiche Menge an Kalorien auf. Light-Produkte ersetzen Zucker oft durch Süßstoffe. Diese gaukeln dem Körper die Aufnahme von Zucker vor. Als Reaktion auf diesen „Schwindel“ schüttet der Körper Insulin aus, um den vermeintlich hohen Blutzuckerspiegel im Gleichgewicht halten zu können. Da jedoch nur wenig Zucker im Blut ist, sinkt der Blutzuckerspiegel drastisch ab. Die Folgen sind dann Heißhungerattacken auf Süßes. Ob Sie mit Honig, weißem Zucker oder Rohrzucker süßen, spielt übrigens keine Rolle: „Die Reaktionen im Körper sind die gleichen. Beim Honig nimmt man zusätzlich mehr Mineralstoffe und Spurenelemente auf“, weiß Lobner.

6. ABENDESSEN NACH 18 UHR MACHT DICK

Das trifft so nicht zu. Entscheidend ist, wie viele Kalorien man am Tag insgesamt aufgenommen hat. Hat man die eigene Energiebilanz nicht überschritten, kann man auch nach 18.00 Uhr eine Mahlzeit zu sich nehmen. Man sollte jedoch darauf achten, nicht kurz vor dem Zubettgehen eine größere Mahlzeit zu konsumieren: „Spätes Essen liegt schwer im Magen und man schläft nicht gut“, sagt Expertin Lobner. Deshalb sei auch (gelegentliches) Dinner-Cancelling empfehlenswert: Dabei wird das Abendessen gestrichen, sodass eine Nahrungskarenz von 15 bis 16 Stunden entsteht.

7. VEGETARIER LEBEN GESÜNDER

Nicht zwingend. Zwar gibt es Studien (darunter die „Adventist Health Study“ aus den USA und Kanada mit 96.000 Teilnehmern), die behaupten, Vegetarier leben gesünder als Fleischesser – insbesondere sei bei Vegetariern das Risiko, an Krebs zu erkranken, deutlich reduziert. Vegetarier leiden auch nicht automatisch unter Nährstoffmängeln, weiß Lobner. „Problematisch kann jedoch die Versorgung mit Vitamin B12 und Eisen sein.“ Kein gutes Konzept sei der „Pudding-Vegetarismus“: So nennt man es, wenn zwar Fleisch und Fisch gestrichen, aber nicht durch Obst und Gemüse, sondern vorwiegend durch Mehlspeisen und Süßigkeiten ersetzt werden.

8. WICHTIGSTE MAHLZEIT IST DAS FRÜHSTÜCK

Richtig ist, dass es Studien gibt, die zeigen, dass Menschen, die regelmäßig frühstücken, schlanker sind als diejenigen, die nicht frühstücken. Aber: „Man sollte trotzdem nur dann morgens essen, wenn man hungrig ist“, relativiert Expertin Lobner. Wenn etwa Kinder nichts runterkriegen, solle man sie auch nicht dazu zwingen: „Gerade wer niedrigen Blutdruck hat, braucht länger, um in die Gänge zu kommen“, sagt die Expertin. Der Spruch „Frühstücke wie ein Kaiser“ komme noch aus Zeiten, wo Menschen körperliche Schwerstarbeit verrichten mussten – da war ein energiereiches Frühstück notwendig. Lobner: „Heute reicht oft ein kleiner Snack oder ein Smoothie. Wichtiger als zu essen ist es, in der Früh etwas zu trinken.“

Die Expertin:

Mag. Karin Lobner ist Ernährungswissenschafterin und Psychotherapeutin in Wien. Info: www.gefuehlskueche.at

Mag. Karin Lobner

Mag. Karin Lobner

Noch mehr Ernährungstipps finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Lust aufs LEBEN (Mai 2017).