5 Erkältungsmythen im Check

5 Erkältungsmythen im Check

Erwischt man einen Schnupfen, ist man jedes Mal aufs Neue ratlos: War ich etwa zu kühl angezogen? Brauche ich Antibiotika? Wir haben bei einer Ärztin nachgefragt ...

Bis zu Ihrem 75. Lebensjahr haben Sie, glaubt man Statistiken, um die 200 Erkältungen hinter sich. Das heißt: Rund drei Jahre unseres Lebens werden wir von Husten, Schnupfen und Halsweh geplagt. Tatsächlich sind Atemwegsinfekte die häufigsten Erkrankungen überhaupt. Und obwohl Erkältungen im Gegensatz zur echten Grippe meist keine schlimmen Folgen haben, sind die Begleiterscheinungen – von Halsweh bis zu Kopfschmerzen – doch sehr unangenehm. Und jedes Mal ist man aufs Neue ratlos: Soll man Fieber wirklich ausschwitzen? Tee besser gurgeln oder trinken? Oder: Darf man die Nase hochziehen?

Wir haben uns erkundigt: Allgemeinmedizinerin Doris Gapp vom Wiener Frauengesundheitszentrum „Woman and Health“ (www.womanandhealth.at) nimmt zu den Mythen, die sich rund um Erkältungen und grippale Infekte ranken, Stellung und erklärt: „Die häufigsten Auslöser für Erkältungen sind Rhinoviren. Sie befallen vor allem die oberen Atemwege und lassen sich selbst zwei Wochen nach Infektbeginn noch auf der Nasenschleimhaut nachweisen.“ Theoretisch ist man auch so lange ansteckend. Am größten ist die Ansteckungsgefahr jedoch während der ersten Tage nach Ausbruch der Krankheit.

Mythos 1: Durch Kälte bekommt man eine Erkältung

STIMMT. Ein aktuelles Forschungsprojekt – wenn auch mit Mäusen – an der Universität Yale bestätigt: Je geringer die Temperatur, desto geringer die körpereigene Immunantwort auf Viren. Die Forscher glauben, dass für die Zellen aus menschlichen Atemwegen dasselbe gilt wie für Mäusezellen und raten dazu, sich bei Kälte warm anzuziehen. „Haube, Handschuhe, Schal, dicke Strümpfe. Ganz so, wie es einem die Eltern früher gesagt haben“, rät auch Medizinerin Doris Gapp.
Vor allem kalte Füße seien eine Einladung für Schnupfenviren. Der Grund: Als Reaktion auf das Kältesignal drosselt das Nervensystem die Durchblutung der Atemwege, auch die Temperatur im Rachen sinkt. Ziehen sich die feinen Blutgefäße in den Schleimhäuten nun zusammen, gelangen die Abwehrzellen nicht mehr rechtzeitig vor Ort, Viren können in den Organismus eindringen und sich vermehren. Allerdings: Kälte ist nicht per se schlecht. Im Wechsel mit Wärme pusht sie die Durchblutung. Das lässt Immunzellen besser durch den Körper patrouillieren.

Mythos 2: Bei Schnupfen soll man mit der Nase „aufziehen“

STIMMT. „Kind, schnäuz dich!“ – ein Satz, den wohl jeder von uns schon zu hören bekam. Doch einer US-Studie zufolge ist das kein guter Rat. Denn beim Schnäuzen werden Erreger in die falsche Richtung befördert, was zu Entzündungen der Nebenhöhlen und des Mittelohrs führen kann. Speziell beim lauten Ins-Taschentuch-Trompeten entsteht ein Überdruck, der das Erkältungssekret tief in die Nasennebenhöhlen treibt. „Gerade wer zu Nebenhöhlenentzündungen neigt, sollte besser hochziehen oder zumindest nur sanft ins Taschentuch schnäuzen“, meint auch die Gesundheits-Expertin.

Mythos 3: Bei Halsweh ist Gurgeln besser als Teetrinken

STIMMT NICHT. Streng genommen hat noch niemand wissenschaftlich untersucht, welches Hausmittel effektiver hilft. Als Balsam für wunde Kehlen wirkt beides. Gurgeln mit warmem Salzwasser (1/4 TL auf ein Glas) oder Salbei- bzw. Kamillentee befeuchtet den entzündeten Rachen, löst festsitzendes Sekret von der Schleimhaut und spült damit auch die Krankheitserreger aus dem Körper. Außerdem wirkt es leicht keimtötend. „Tiefere Rachenregionen sowie Kehlkopf werden durch Gurgeln aber nicht erreicht“, weiß Gapp. Hier hilft schlückchenweises Trinken von Kräutertee (z. B. Salbei, Fenchel, Anis, Süßholz) etwas besser. Wenn man nur heiser ist, reichen womöglich schon Salbeibonbons: Das Lutschen regt den Speichelfluss an. Und Speichel enthält Enzyme wie zum Beispiel Lysozym, die Bakterien unschädlich machen können.

Mythos 4: Bei akuter Bronchitis helfen Antibiotika

STIMMT NICHT. „Husten wird fast immer durch Erkältungsviren ausgelöst. Und dagegen helfen Antibiotika nicht“, erklärt Doris Gapp. Wirksamer sind da schon Pflanzenpräparate: Eine Untersuchung der kritischen Cochrane Gesellschaft bestätigte, dass etwa der Extrakt aus der Kapland-Pelargonie Bronchitis-Erreger bekämpfen kann. Bei Husten ist zudem die richtige Diagnose wichtig: Handelt es sich um einen Reizhusten oder um „produktiven“ Husten mit Schleimauswurf? Im ersten Fall ist es sinnvoll, den Hustenreiz zu unterdrücken.
Sonst wird auf Dauer die Bronchialschleimhaut geschädigt. Im zweiten Fall dagegen ist es besser, den Auswurf zu fördern. Mit dem Schleim wird der Körper nämlich auch die Erkältungsviren los. Als Hustenstopper kommen krampflindernde Pflanzentees (wie Eibisch, Fenchel) ebenso zum Einsatz wie der Wirkstoff Dextromethorphanhydrobromid. Soll hingegen das Abhusten gefördert werden, sind Brustsalben mit ätherischen Ölen ebenso angesagt wie hustenlösende Tees (Thymian) oder Schleimlöser aus der Apotheke.

Mythos 5: Fieber soll man am besten ausschwitzen

STIMMT. Da Fieber ein Hilfsmechanismus bei der Bekämpfung von Infektionen ist, sollte es nicht immer sofort unterdrückt werden. Eine medikamentöse Therapie ist zumeist erst bei Temperaturwerten über 38,5 Grad Celsius oder mehr als zwei bis drei Tage anhaltendem Fieber anzudenken (am besten den Arzt fragen). „Wichtig ist vor allem, seinen Körper zu schonen – durch Bettruhe, warme Suppe und Tee“, rät Gapp. Eine Schwitzkur zu Beginn einer fiebrigen Erkältung kann den grippalen Infekt in manchen Fällen über Nacht sogar stoppen. Wer die Schweißbildung unterstützen will, greift zu Tee aus Linden- oder Holunderblüten. Dazu 2 TL Blüten in eine Tasse geben, mit kochendem Wasser überbrühen und 5 (Lindenblüten) bzw. 10 Minuten (Holunder) ziehen lassen. Anschließend abseihen und 3-mal täglich möglichst heiß trinken. Hält hohes Fieber (über 39 Grad) mehr als zwei Tage an, auf jeden Fall zum Arzt!