Haarewaschen ohne Shampoo?

Sollen wir Shampoo verwenden oder nicht?

Sollen wir Shampoo verwenden oder nicht?

Wie sinnvoll ist der neue Trend? Zwei Experten beziehen Stellung.

Ja!

Die Skepsis gegenüber herkömmlichen Haarpflegemitteln ist nachvollziehbar. Wir wollen alle glänzende, dichte Haare, die leicht zu frisieren und zu stylen und vor allem gesund sind. Auch haben sich durch die Vielzahl an Produkten in den letzten Jahrzehnten die Pflegegewohnheiten stark geändert, bisweilen mit problematischen Auswirkungen auf Haare und Kopfhaut. Und außerdem kosten die diversen Stylingmittel auch nicht wenig.

Von einigen Zusatzstoffen in Kosmetika, also auch Shampoos, vermuten oder wissen wir, dass sie unter Umständen gesundheitlich bedenklich sind (wie etwa Konservierungsmittel, Allergene). Und nicht zuletzt sind viele Chemikalien, die durch unsere veränderten Hygiene- und Pflegegewohnheiten ins Abwasser gelangen, für unsere Umwelt schädlich. Das sind schon einige gute Gründe, auf Shampoos zu verzichten.

Wichtig ist jedoch, genau zu analysieren, ob die Haare und die Kopfhaut gesund und für eine Umstellung auf „No Poo“ (steht für „No Shampoo“) geeignet sind. Es ist also sinnvoll, vor einer Umstellung den Hautarzt um Rat zu fragen.

Auch sollte kritisch mit Eigenbau-Rezepturen, etwa aus YouTube-Videos, umgegangen werden. Oft ist unklar, ob die angegebenen Konzentrationen und Mengen mit entsprechenden Erfahrungswerten übereinstimmen. Und dass natürliche Inhaltsstoffe frei von Nebenwirkungen sind, ist ein Irrglaube. Vorsicht ist auch bei bekannten Allergien geboten. Natürliche Shampoo-Ingredienzien können auch gefährliche Allergene sein. Es gibt schon einige sehr gute Produkte am Markt, die dem Trend folgen, auf die üblichen Shampoo-Bestandteile verzichten und zum Beispiel auf der Basis von Natron, Pflanzenöl und Essig reinigen. Wichtig ist auf jeden Fall, der Kopfhaut und den Haaren für die Umstellung Zeit zu geben und auf allfällige Krankheitssymptome zu achten. Also: Ja zu „No Poo“ mit Hausverstand und gegebenenfalls mit ärztlichem Rat!

Die Expertin:

Dr. Eva Kindermann-Glebowski, Hautärztin in 1030 Wien (Beatrixgasse 16/6).
Infos: www.stadtparkmed.at

Dr. Eva Kindermann-Glebowski

Dr. Eva Kindermann-Glebowski

Nein!

Die „No Poo“-Anhänger (Fans, die dem Trend „No Shampoo“ folgen) waschen ihre Haare mit Roggenmehl, Apfelessig, Lavaerde – das muss wirklich nicht sein. Allerdings finde ich die Grundidee des „Weniger ist mehr“ nicht so schlecht. Wir duschen auch gerne mit Duschgel, weil wir schwitzen. Für die Haut ist es aber viel besser, kein Duschgel und keine Seife zu verwenden. Dasselbe gilt auch für die Kopfhaut, denn ein starkes Shampoo zerstört das Mikrobiom der Kopfhaut. Viel besser finde ich es, auf Shampoos zu setzen, die auf Duftstoffe und Silikonöle verzichten, wie es bei Babyprodukten oder Produkten für empfindliche Haut der Fall ist. Als Allergologin würde ich jetzt auch von rein pflanzlichen Mitteln abraten, da diese oft potente Allergene enthalten und bei häufigem Kontakt eine Allergie auslösen können, wie es etwa beim Haarefärben mit Henna der Fall sein kann. Auch sollte man vielleicht nicht jeden Tag die Haare waschen, sondern nur jeden zweiten oder dritten, das reicht völlig aus. Das mag vielleicht am Anfang eine Umstellung sein, aber man kann damit an einem Wochenende beginnen. Die Kopfhaut stellt sich meist schnell um, und nach zwei bis drei Wochen fettet sie nicht mehr so stark nach. Bei häufigem Haarewaschen hat man oft das Gefühl, ständig waschen zu müssen. Außerdem kann man durch häufiges Haarewaschen leichter Schuppen bekommen.

Was ich gut finde: Viele „No Poo“-Vertreter verwenden eine Schweinshaarbürste, mit der sie sich die Haare bürsten und die Kopfhaut massieren. Mit dieser wird das Fett von der Haut bis zu den Haarspitzen transportiert und die Haare glänzen alleine schon deswegen mehr. Das wirkt wie ein natürlicher Conditioner.
Kurz gefasst kann man somit sagen: Waschen mit Mehl muss nicht sein, aber eine Reduktion der Haarwäschen, ein entsprechendes Shampoo und ein Durchbürsten mit Naturhaarbürsten sind empfehlenswert.

Die Expertin:

Dr. Verena Beck, Hautärztin in 1010 Wien (Rosengasse 8/2).
Infos: www.verenabeck.at