Ist das Pucken von Babys ein Gesundheitsrisiko?
Pucken ist eine gängige Beruhigungsmethode bei Säuglingen: Dabei werden diese eng in Tücher eingewickelt, um die Bewegung von Armen und Beinen einzuschränken. Dieser Trend wird nun von der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) kritisiert, Ultraschallexperten befürchten orthopädische Fehlentwicklungen. Hebamme Dr. Judith Kluck klärt auf.
Wie schädlich ist Pucken wirklich?
Dr. Judith Kluck: Pucken kann tatsächlich der Hüftentwicklung des Neugeborenen schaden, wenn das Kind unsachgemäß gewickelt wird, sodass die Beine in eine Streckhaltung kommen. Ein Baby kommt mit einer C-förmigen Wirbelsäule (Totalkyphose) und einer starken Abspreizung der Beine (Abduktion) zur Welt. Diese Haltung muss eine Weile beibehalten werden, um eine gesunde Ausreifung der Hüfte und Wirbelsäule zu gewährleisten. Darüber hinaus fühlt sich nicht jedes Baby wohl, wenn es gepuckt wird, das heißt, man muss ausprobieren, ob diese Methode zur Beruhigung des Kindes geeignet ist.
Wieso puckt man Neugeborene?
Zum einen wird das Baby dadurch an die Zeit im Mutterleib erinnert, es fühlt sich geborgen und sicher. Darüber hinaus kann Pucken die Temperaturregulation des Neugeborenen unterstützen und Blähungen lindern. Wichtig ist aber die Minderung des sogenannten Moro-Reflexes.
Warum?
Beim Moro-Reflex handelt es sich um einen plötzlichen Reiz, durch den sich das Kind erschreckt. Der Mund öffnet sich, das Kind atmet heftig ein. Dabei werden die Arme aufwärts vom Körper weg bewegt und die Hände öffnen sich. Dann folgt das Ausatmen: Die Arme werden an den Körper angelegt und die Hände zu Fäusten geballt. Dieser Bewegungsablauf erfolgt blitzschnell. Entwicklungsgeschichtlich diente der Moro Reflex dazu, durch das Nachgreifen bei Gefahr einen sicheren Halt im Fell der Mutter zu bekommen.
Wie puckt man richtig?
Pucken kann man mit einer Wolldecke, einem Tuch oder einer Stoffwindel aus schadstoffarmem Material. Man sollte die Babys nur im Brustbereich eng einwickeln, um eine Überstreckung der Beine zu vermeiden und den Moro-Reflex zu vermindern. Inzwischen gibt es sogar entsprechende Puck-Hilfen, z.B. den Nonomo Arm-Puck, eine Art Brustgurt mit Klettverschluss.
Gibt es Alternativen zum Pucken?
Das Tragen im Tuch ist eine gute Alternative, da es zur Beruhigung des Kindes beiträgt. Bei korrekter Ausführung fördert es zudem die gesunde anatomische Entwicklung der Hüfte und Wirbelsäule. Außerdem wird die Bindung an die Eltern positiv beeinflusst und die Kommunikationsfähigkeit des Kindes gefördert. Der praktische Aspekt, dass man hat die Hände frei hat und keinen sperrigen Kinderwagen vor sich herschieben muss, ist vor allem in der Stadt nicht zu vernachlässigen.

Anstatt Pucken: Tragen im Tuch als beruhigende Alternative
Was sollte man beim Tragen beachten?
Das Kind sollte bei einem korrekt gebunden Tuch fest mit rundem Rücken und den Beinen in Spreiz-Anhock- Haltung an den Körper des Tragenden angeschmiegt sein. Anstatt Sitzen sollte das Kind im Tuch schwingen, damit die empfindlichen Knochen keiner Stoßbelastung ausgesetzt sind. Der Tuch-Steg muss von Kniekehle zu Kniekehle gehen und faltenfrei über den Kopf des Babys reichen.
Kann man beim Tragen Fehler machen?
Leider beobachtet man immer wieder, dass Kinder im Tragetuch mit dem Gesicht nach vorne getragen werden – dies ist anatomisch falsch und begünstigt orthopädische Fehlstellungen. Auch für die psychische Entwicklung ist dieses verkehrte Tragen nachteilig. Säuglinge sehen ca. 20 bis 30 cm scharf (Abstand Brust-Gesicht) und brauchen den Blickkontakt, um Gefühle zu identifizieren und Sprache zu erkennen. Zum Schluss ein Tipp der Hebamme:
„Generell brauchen Neugeborene viel Nähe und Geborgenheit, um eine sichere Bindung an die Eltern zu entwickeln. Daher sollten sie nicht stundenlang gepuckt im Bettchen oder Kinderwagen liegen.“

Hebamme Dr. rer. nat. Judith Kluck