Warum ist bitter so gesund?

Bitterer Hopfen. Hopfen fördert den Schlaf und stärkt die Nerven. Die Bitterstoffe regen die Verdauung an.

Bitterer Hopfen. Hopfen fördert den Schlaf und stärkt die Nerven. Die Bitterstoffe regen die Verdauung an.

Sonnentor-Kräuter-Expertin Gerda Holzmann erklärt, wie man Bitterstoffe am besten in der Küche einsetzt.

Um Bitterstoffe ist ein Hype ausgebrochen. Warum sind sie so gesund?

Gerda Holzmann: In erster Linie wirken sie positiv auf die Verdauung, also auf Magen und Darm. Wenn man Bitterstoffe isst, merkt man gleich, dass sich etwas tut, weil der Speichelfluss angeregt wird. Dasselbe passiert im Magen und im Darm, wo vermehrt Verdauungssekrete gebildet werden. Sie wirken aber auch appetitanregend, da Enzyme gebildet werden, dank denen die Verdauung besser funktioniert. Die Nahrung kann somit besser verdaut werden, man wird früher satt und hat insgesamt mehr Energie.

Warum wird man früher satt?

Durch die vermehrte Bildung von Verdauungsenzymen werden Nährstoffe schneller aufgenommen. Bitterstoffe haben auch den Ruf, Heißhungerattacken auf Süßes zu mindern. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

Welche positiven Effekte haben Bitterstoffe noch?

Man weiß heute, dass die Gesamtgesundheit stark vom Magen-Darm-Trakt gesteuert wird, weil dort unser Immunsystem sitzt. Auch unser psychisches Wohl­befinden hängt stark vom Darm ab. Man denke nur an die Tradition der Schwedenbitter oder an diverse Bittertonika – das sind alte Rezepte für Kräftigungsmittel.

Wie entsteht eigentlich der bittere Geschmack?

Er entsteht im Mund. Bitterstoffe sind eine inhomogene chemische Gruppe und haben eines gemeinsam: Auf der Zunge werden sie von den Rezeptoren T2R aufgenommen und als bitter wahrgenommen. Man unterscheidet zwischen zwei großen Gruppen: den reinen Bitterstoff-­Kräutern wie Löwenzahn, Hopfen, Mariendistel, Wermut, Tausendgüldenkraut oder Chicorée-Salat, die fast nur bitter schmecken, und den aromatischen Bitterstoffen, die ein zusätzliches Aroma haben – wie Rosmarin, Thymian, Bohnenkraut, Kümmel, Anis, Fenchel, Kurkuma oder Salbei. Wie viele Bitterstoffe ein Gewürz, Kraut oder Gemüse enthält, verrät der Geschmack. Je bitterer etwas schmeckt, desto mehr Bitterstoffe findet man darin.

Wenn man abnehmen möchte, sollte man dann zu besonders bitteren Lebensmitteln greifen?

Eine gute Kombination wäre ideal. Viele Menschen haben einen empfindlichen Magen, und wenn man überdosiert, können Magenschmerzen auftreten. Außerdem sollte es auch noch schmecken. Ideal sind gut gewürzte Speisen. Sonnentor bietet auch viele passende Tees an.

Welche Kräuter eignen sich gut zum Abnehmen?

Wer abnehmen möchte, kann die Gewichtsreduktion mit einer Teekur mit Bitterkräutern wie Schafgarbe, Löwenzahn oder auch mediterranen Kräutern wie Fenchel oder Thymian unterstützen. Dazu drei Tassen täglich, maximal einen Liter Tee am Tag trinken. Diesen kann man in der Früh zubereiten und über den Tag verteilt trinken. Es macht nichts, wenn er bereits erkaltet ist. Kalter Tee mit Bitterstoffen hinterlässt oft ein etwas pelziges Gefühl im Mund. Das kann man verhindern, wenn man Kardamomkapseln (4 Stück auf 1 l) in den Tee gibt.

Wie setzt man Bitterstoffe in der Küche am besten ein?

Nach individuellen Vorlieben. Generell herrscht die Meinung vor, dass Bitterstoffe die Verdauung anregen sowie die Fett- und Eiweißaufspaltung fördern. Deswegen empfiehlt es sich, mit einer bitteren Vorspeise wie einem Salat oder einem bitteren Getränk als Aperitif zu starten und dann nach Lust und Laune zu würzen. Bei Salaten und Gemüse kann man bittere Gewürze, Salate und Gemüsesorten gut miteinander kombinieren. Bei den Hauptspeisen setzt man am besten Gewürze ein. Das braucht etwas Erfahrung und Gefühl.

Wie kann man sein Leben auf einfache, aber gesunde Weise bitterer machen?

Einen Gewürzstreuer kann man überallhin mitnehmen. Was fast zu jedem Gericht gut passt, sind Gewürze wie Kurkuma, Bohnenkraut, Thymian, Fenchel, Anis, Koriander, Dill, Basilikum oder etwa Liebstöckel.

Warum mögen viele Menschen „bitter“ nicht?

Generell verändern sich unsere Vorlieben und Reiz­schwel­len für bestimmte Geschmacksrichtungen im Lauf der Zeit. Als Kind ist die Reizschwelle für Bitteres sehr niedrig. Kinder spüren diesen Geschmack schon sehr schnell, während sie bei Süßem nicht genug bekommen können. Mit der Zeit geht die Bitterschwelle hinauf. Dazu gibt es verschiedene Theorien. Eine plausible Erklärung ist, dass Kinder einen hohen Nährstoff-, Vitamin- und Mineralstoffbedarf haben, und diese sind in der Natur in Früchten und Gemüse stark vorhanden. Außerdem sind viele giftige Lebensmittel bitter – allerdings auch viele gesunde. Im Alter verändert sich unser Nährstoffbedarf, der Stoffwechsel wird sparsamer. Würden wir dann noch immer so viel Süßes essen, wären wir sehr schnell übergewichtig. Geschmack und Präferenzen passen somit zum Lebensalter.

Wie bringt man Kinder dazu, Bitteres zu probieren?

Die meisten Kinder mögen mediterrane Kräuter wie Basilikum oder Oregano. Diese passen gut zu Pizza, Pasta und Erdäpfeln. Wenn sie selbst würzen, probieren sie viel mehr aus und auf einmal essen sie bestimmte Dinge doch.

Vertiefen Sie Ihr Kräuterwissen!

Bei den Workshops und Wanderungen von Sonnentor lernt man viel über Kräuter.
Die nächsten Termine:
14. Juni und 6. Juli: Workshop „Von der Wiese in die Tasse“,
30. Juni und 13. Juli: Kräuterwanderungen.
Infos: www.sonnentor.com/veranstaltungen

Gerda Holzmann

Gerda Holzmann