Was bringt die Keto-Kur?

Das Fett der Kokosnuss gilt in der ketogenen Ernährung als das gesündeste. Es kann beliebig erhitzt, aber auch kalt genossen werden.

Das Fett der Kokosnuss gilt in der ketogenen Ernährung als das gesündeste. Es kann beliebig erhitzt, aber auch kalt genossen werden.

Viel Fett und Eiweiß, kaum Kohlenhydrate: Eine ketogene Ernährung soll den Stoffwechsel ankurbeln sowie Diabetes, Krebs und Alzheimer vorbeugen. Wie gesund ist das wirklich? Wir haben uns für Sie schlaugemacht ...

Erinnern Sie sich noch an die Atkins-Diät? Die Mode-Diät aus den 90er-Jahren empfahl den mehr oder weniger grenzenlosen Konsum von Fett (Öle, Butter, Mayonnaise) und Eiweiß (Fleisch, Milchprodukte, Eier), dafür waren Kohlenhydrate (Gebäck, Pasta, Nudeln) verboten. Die Atkins-Diät gilt als umstritten und wird von vielen Ernährungsexperten sowie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als zu einseitig und potenziell gesundheitsschädlich abgelehnt.
Die Studienlage dazu ist bis heute widersprüchlich. Umso erstaunlicher ist das aktuelle Comeback der sogenannten ketogenen Ernährung: Sie verbannt, wie seinerzeit Atkins, Kohlenhydrate vom Speiseplan und setzt dafür überwiegend auf Fett. Das Prinzip dahinter: Bekommt der Körper keine Kohlenhydrate („No Carb“) und keinen Zucker, schaltet der Stoffwechsel um auf
die sogenannte Ketose. Die Leber bildet dann aus Fett einen Glukoseersatz – die Ketone oder Ketonkörper.
Die Vorteile: Der Körper baut Fettreserven ab, um lebensnotwendige Energie zu erhalten. Die Ernährungsumstellung entwässert, weil der Körper dabei Glukosespeicher abbaut, also Glykogen. Glykogen wiederum bindet Wasser. Der Entwässerungseffekt macht sich rasch auf der Waage bemerkbar: Die Kilos purzeln.
Und: Auch das Hungergefühl schwindet – dadurch isst man automatisch weniger. Die ketogene Diät senkt den Insulinspiegel und beugt Blutzuckerschwankungen vor. Somit sollte auch kein Heißhunger entstehen.

Schutz vor Epilepsie, Krebs & Alzheimer?

In der Medizin wird die ketogene Diät seit Jahren als zusätzliches Mittel zur Milderung von epileptischen Anfällen eingesetzt. Manche Patienten werden mit der Fett-Diät sogar anfallsfrei. Die genaue Ursache dafür steht noch nicht fest. Sicher ist jedoch, dass die Ketone in den Gehirnstoffwechsel eingreifen und die für Epilepsie typische Übererregung der Nervenzellen reduzieren. Auch bei Krebs soll sich eine ketogene Diät positiv auswirken. Durch die zuckerarme Ernährung lasse sich das Wachstum der Krebszellen zumindest drosseln. Zudem wirkt die Diät antientzündlich – und bekanntlich spielen Entzündungsreaktionen bei Krebserkrankungen eine große Rolle. Auch für Alzheimer-Patienten könnte die ketogene Diät künftig interessant sein.
Droht Übersäuerung?
Allerdings weist die ketogene Ernährungsform nicht nur positive Seiten auf. Durch zu viel Eiweiß kann der Stoffwechsel „übersäuern“ und infolgedessen Mund-
geruch entstehen, der Harnsäurespiegel ansteigen (erhöht das Risiko für Gicht), die Bildung von Nierensteinen begünstigt werden, Verstopfung drohen oder die Leistungsfähigkeit sinken: Man fühlt sich schlapp und müde – zumindest anfangs.
Zudem kommt der psychologische Effekt: Auf einzelne Lebensmittel komplett verzichten zu müssen, weckt oft erst recht die Lust darauf. Fazit: Man hält schwer durch. Fairerweise muss man jedoch sagen: Viele dieser Nebenwirkungen lassen sich vermeiden, wenn man die ketogene Diät vernünftig anwendet. Ketogen essen bedeutet nämlich nicht, täglich Schweinsbraten und Speck in Riesenportionen zu schlemmen. Wendet man die ketogene Diät auf gesunde Weise an, heißt das: Nicht zu viel Fleisch, Käse und Fisch essen, dafür mehr hochwertige Fette wie etwa Pflanzenöle (z. B. Rapsöl, Olivenöl oder Kokosöl), Nüsse, Sprossen, Eier, Milchprodukte, etwas Obst und zusätzlich Gemüse. Als kohlenhydratarm gilt „oberirdisches“ Gemüse wie Blattsalat, Gurke, Zucchini oder Paprika. „Unterirdisches“ wie Karotten, Rote Rüben oder Erdäpfel hat dagegen mehr Kohlenhydrate.

Keto-Kur: jetzt auch vegan & glutenfrei

Noch einen Schritt weiter geht der österreichische Arzt und Psychotherapeut Ruediger Dahlke: Er macht die ketogene Ernährungsweise nun auch vegan und glutenfrei möglich. „Bisher galt eine ketogene Ernährung geradezu als Gegenpol zu veganer Ernährung. Das muss aber nicht sein: Die Vorteile beider Richtungen ergänzen sich wunderbar“, so der Ganzheitsmediziner in seinem Ratgeber „Keto-Kur“ (erschienen bei Gräfe und Unzer). Sein Credo: vegan, ketogen und glutenfrei. Übergewichtige können damit abnehmen; davon profitieren würden aber auch Patienten mit Diabetes, Alzheimer, Parkinson oder Multipler Sklerose.

Wie sieht das nun in der Praxis aus?

Fette, so Dahlke, bilden noch vor Eiweiß die wesentliche Basis: „Auf der Positiv-Liste ganz oben rangiert als ideales Allround-Fett das der Kokosnuss.“ Es darf
beliebig erhitzt werden und ist zum Braten und Kochen, aber auch kalt verwendbar. Gute Fettquellen sind auch Oliven-, Lein-, Walnuss- und Hanföl.
Entscheidend für das Ausmaß der Kohlenhydrat-Reduktion sei natürlich die individuelle Situation: Wer Muskeln aufbauen möchte, braucht weniger Fett,
dafür mehr Eiweiß. Hier seien sogenannte Lupinen der Rettungsanker. Dabei handelt es sich um die Samen der Süßlupine, hochwertige Eiweißlieferanten, die als das „neue Soja“ gelten. Es gibt mittlerweile Lupinen-Schnitzel, -Nudeln, -Brotaufstrich oder -Drinks.
Auch andere Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen), Nüsse, Sojaprodukte und Pilze sind gute Proteinquellen. Reichlich Gemüse (ideal: Artischocken, Brokkoli, Fenchel, Lauch, Spargel, Tomaten, Zucchini) und sonnengereiftes Obst (Beeren, Zitrusfrüchte) sind erwünscht. Und in Maßen erlaubt, da glutenfrei, sind auch „Pseudogetreide“ wie Hirse, Reis, Quinoa, Amaranth oder Buchweizen. Nehmen Sie sich jedoch am Anfang nicht zu viel vor, empfiehlt Dahlke: „Beginnen Sie mit einem Keto-Tag und stellen Sie fest, wie gut er Ihnen tut!“

Buch-Tipp

Ruediger Dahlke: Die Peace Food Keto-Kur. GU, um € 19,99.

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Rezepte für einen Tag finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Lust aufs LEBEN (April 2018).