Immunstark durch die Psyche: Das sagt der Experte
Der Psychoneuroimmunologe und Sportwissenschaftlicher Berater Martin Kowarik zeigt Strategien für weniger Stress und bessere Abwehrkräfte.

Wenn Menschen sich bedroht fühlen, reagieren sie mit Stress und damit mit einer Kampf- Flucht- oder Starre-Reaktion. "Dabei unterscheidet der Körper nicht, ob es sich um einen Säbelzahntiger, einen Streit mit dem Partner, eine Deadline in der Arbeit, um Angst vor Corona oder um Isolation und Einsamkeit handelt", sagt Martin Kowarik, Psychoneuroimmunologe, Sportwissenschaftlicher Berater und Gründer der Gesundheitsplattform LifeSet, auf der ExpertInnen nun auch Webinare zu aktuellen Gesundheitsthemen anbieten.
Körper aus dem Gleichgewicht
Biologisch gesehen findet eine Umverteilung der Energie im Körper statt. "Stress ist immer eine Reaktion darauf, verletzt werden zu können, weshalb der Organismus auf ein Notprogramm schaltet", sagt Martin Kowarik, "Das Immunsystem arbeitet nicht mehr so, wie es sollte, während die Organe weniger versorgt werden. Die Stressachse ist aktiviert, die Produktion des Stresshormons Cortisol fährt hoch und versetzt den Körper in einen Alarmzustand."
Gefährlich sind dabei nicht einzelne Stress-Situationen, sondern wenn dieser Zustand andauert. "Damit wird die Reaktionsfähigkeit des Immunsystems vernichtet, und wenn die Nebennierenrinde vermehrt überaktiv ist und die Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet, wird auch der Biorhythmus gestört." Man wird also in der Nacht munter, weil das Cortisol um ein oder zwei Uhr Nachts am höchsten ist und nicht morgens, wenn wir aufwachen sollten.
Fühlen Sie sich durch zu viel Stress belastet und geschwächt? Dann sollten Sie nun unbedingt die Selbstfürsorge in den Fokus stellen. Martin Kowarik rät zu folgenden Schritten, um Körper und Psyche zu beruhigen und damit das Immunsystem zu stärken:
1. Für Entspannung und Vertrauen sorgen
Konzentrieren Sie sich nun auf alles, was Sie kontrollieren können und was Körper, Geist und Seele stärkt und in Balance bringt: Ernähren Sie sich von Lebensmitteln, die den biologischen Bedürfnissen des Menschen entsprechen und reduzieren Sie Stress, wo Sie nur können.
Da Energie der Aufmerksamkeit folgt, konzentrieren Sie sich nun auf das Gefühl des Vertrauens und ziehen Sie die Angst-Energie aus Ihren Gedanken ab.
2. Kurzfristige Stress-Reize setzen
Gezielte und kurzfristige Stressreize wiederum machen den Körper stark. "Ideal ist eine eiskalte Dusche am Morgen, ein kurzes HIIT-Training oder ein Fastentag in der Woche", sagt Martin Kowarik. Der Körper lerne durch die Aktivierung bestimmter Enzyme, die durch kurzfristige Stressreize entstehen, sich anzupassen.
3. Regenerieren
Sorgen Sie für ausreichend Schlaf, damit Ihr Immunsystem in der Nacht wieder auftanken kann. Gute Schlafgewohnheiten unterstützen eine erholsame Nacht: Vermeiden Sie Handy, TV- und Computerbildschirme bis zu zwei Stunden vor dem Schlafengehen oder verwenden Sie zumindest einen Daylightfilter oder eine Blaulichtfilterbrille: Die Blaulichtanteile auf den Screens sind im natürlichen Licht nicht enthalten und sie hemmen die Melatoninproduktion, was Schlafstörungen begünstigt. "Rotes Licht hingegen macht müde und unterstützt den Hormonhaushalt für einen gesunden Schlaf", sagt Kowarik. Hilfreich ist abends auch, in die Sauna zu gehen, ein heißes Bad zu nehmen oder Kamillentee zu trinken.
Auch die Natur ist ein hervorragendes und immer verfügbares, kostenloses Rehab-Zentrum, das uns psychisch zu uns selbst zurückbringt und auch die Immunabwehr verbessert: "Gehen Sie so oft wie möglich an die frische Luft und verbinden Sie sich mit den Elementen der Natur", sagt Kowarik.
4. Vitamine und Nährstoffe
Eine häufige und oft verkannte Ursache für Schlafstörungen und Stress ist ein Mangel an bestimmten Vitaminen und Nährstoffen. Besonders stark können sich Defizite von Vitamin D sowie Omega-3-Fettsäuren auswirken. "Lassen Sie sich dabei am besten von Ihrem Arzt beraten, welche Ergänzungen für Sie jetzt sinnvoll sein können", so Kowarik.
5. Soziale Kontakte
Wenn wir alleine sind, macht der Organismus den Körper vor allem gegen bakterielle Infektionen stark. "Das ist eine Reaktion, die der Körper in der Steinzeit brauchte, als Menschen auf der Jagd alleine durch die Wälder zogen und die Gefahr vorrangig für Verletzungen bestand", sagt Martin Kowarik. Während Corona brauchen wir vor allem den Schutz vor Viren – darum ist es wichtig, zu signalisieren, dass wir nicht alleine sind. "Kontakte über Skype, Zoom oder Telefon sind ausreichend und deutlich besser, als gar keine Kontakte zu haben." Wer Partner oder Kinder zum Kuscheln zuhause hat, sollte dies öfter tun: Das Bindungshormon Oxytocin und das Glückshormon Serotonin bringen die Abwehrkräfte ebenso auf Touren.