Machen Schrittzähler Sinn?

Eine Frage, zwei Meinungen.
Ja!
Denn beim ersten Tragen realisiert man gleich, wie wenig man im Arbeitsalltag eigentlich aktiv ist. Grob gesagt sollten es 8.000 Schritte am Tag sein, und die legen leider nur die wenigsten von uns zurück. Durch die plötzliche Sichtbarkeit dieses Defizits werden die meisten Träger eines Schrittzählers sofort motiviert, das Tagessoll zu erreichen und legen im Arbeitsalltag oder auch in der Freizeit bewusst mehr Schritte zurück. Und damit sind wir auch schon beim Kern der Sache: Zweck erfüllt und ein Bewusstsein dafür geschaffen, wie viel man im Alltag eigentlich aktiv ist bzw. sein sollte.
Je nach Modell trägt man den Schrittzähler am Gürtel oder am Handgelenk – und idealerweise ganztags. Es gibt sehr schöne und stylische Modelle, bei denen gar nicht mehr wirklich auffällt, dass es sich um Schrittzähler handelt. Sie wirken eher wie Uhren oder modische Accessoires. Die günstigeren Varianten zählen nur die Schritte und sind so natürlich nicht ganz genau, da auch die Intensität und eventuelle Höhenmeter eine Rolle spielen. Die teureren Modelle können durch das Tragen am Handgelenk auch Herzfrequenz, Schlafrhythmus und vieles mehr miteinfließen lassen und so dann doch eine relativ genaue Prognose von Aktivitätslevel und Kalorienverbrauch abliefern.
Klar sind Schrittzähler auch nur eine grobe Hilfestellung und keine hochwissenschaftliche Auswertung des tatsächlichen Kalorienverbrauchs. Aber so wie bei allen Gadgets, die dabei helfen sollen, fitter zu werden, dient ein Schrittzähler der Veranschaulichung und motiviert zu mehr Bewegung. Gerade auch Sportmuffeln hilft er, die Alltagsaktivitäten aufzuzeichnen. Denn auch wenn viele kurze Aktivitäten keinen hohen Trainingseffekt haben, so verbrauchen sie dennoch Kalorien.
Ob man fortan dann immer mit einem Schrittzähler unterwegs ist oder dadurch einfach nur lernt, ein besseres Gefühl für seinen Körper zu entwickeln – ich finde, es ist ein tolles und sinnvolles Accessoire und sicher keine Geldverschwendung!
Elisabeth Niedereder, Bakk. rer. nat. ist Profisportlerin, Personal Coach, Sportwissenschaftlerin und Inhaberin des Tristyle-Studios. www.tristyle.at

Elisabeth Niedereder
Nein!
Haben Mitteleuropäer im 18. Jahrhundert noch neun bis 17 Kilometer an einem Tag zurückgelegt, so sind es heute im Durchschnitt nur mehr 300 bis 500 Meter. Besonders in den letzten Jahrzehnten bewegt sich der Mensch deutlich weniger. Das und eine falsche, hyperkalorische Ernährung sind der Grund für unsere fettleibige Gesellschaft. Gehört man zu den 60 Prozent, die nicht regelmäßig einer körperlichen Ertüchtigung nachgehen, so kann ein Schrittzähler zum Tracken der täglichen Aktivität sinnvoll sein. Das tatsächliche Mindestmaß, um das gesundheitliche Risiko zu minimieren, sind 10.000 Schritte täglich. Gehören Sie zu den absoluten Bewegungsmuffeln, die dieses Ziel kaum erreichen, kann es mitunter motivierend sein, einen Schrittzähler zu verwenden.
Die genannten 10.000 Schritte sind jedoch nur ein Faktor – was tun Sie aber, wenn Sie im Alltag auch mit dem Rad unterwegs sind? Im Sommer sind Sie viel geschwommen, aber aufgrund der Hitze weniger gegangen – haben Sie deswegen ungesund gelebt? Eine bessere Alternative zum Dokumentieren der täglichen Aktivität sind Aktivitätstracker wie etwa der „Polar Loop“ oder „Garmin Vivo“.
Zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist ein Schrittzähler oder ein Fitnesstracker zu wenig. Hier gilt es, differenzierte Trainingsreize durch lockere beziehungsweise niedrig-intensive Belastungen zu setzen, um den Fettstoffwechsel zu ökonomisieren. Darüber hinaus sollte auch das Herzkreislaufsystem durch intensivere Intervallbelastungen gestärkt werden. Wie die jeweilige Intensität gestaltet werden soll, können Sie bei einer sportmedizinischen Leistungsdiagnostik ermitteln lassen. Zweimal pro Woche sollte ein Krafttraining absolviert werden. Wichtig ist, dass das Training und die Bewegung Spaß machen. Die Motivation und der Spaß mit Wearables halten oft nicht lange an. Machen Sie Ihre Bewegungsmotivation ausschließlich von der Technik abhängig, dann brauchen Sie einen rasanten technischen Fortschritt und eine dicke Geldbörse.
Mag. Michael Koller, ist Sportwissenschaftler der Sportordination. www.sportordination.com

Mag. Michael Koller