Immobilie geerbt – was nun?

Nicht immer können die Hinterbliebenen etwas mit der geerbten Immobilie anfangen.

Nicht immer können die Hinterbliebenen etwas mit der geerbten Immobilie anfangen.

Stirbt ein nahestehender Verwandter, durchleben die Hinterbliebenen meist eine schwere Zeit. Sie müssen nicht nur mit ihrer Trauer zurechtkommen, sondern haben auch organisatorische Aufgaben rund ums Erbe zu bewältigen. Besonders knifflig wird es, wenn Immobilien zur Erbschaft gehören.

Wenn ein Angehöriger dahinscheidet, trifft uns das oft ohne Vorwarnung. Der österreichischen Notariatskammer zufolge verfassen nur 20 Prozent der Österreicher ein Testament. Kein Wunder, dass es bei der Verwaltung der Erbschaft oft drunter und drüber geht und viel Klärungsbedarf besteht – besonders wenn es sich um ein Immobilienerbe handelt.

SO WERDEN WOHNUNGEN UND HÄUSER VERERBT

Eigentümer einer Immobilie haben die Möglichkeit, ein Testament oder einen Erbvertrag aufzusetzen. Dort legen sie fest, wer im Falle ihres Todes die Wohnung oder das Haus übernehmen darf. Existiert kein solches Dokument, gilt die gesetzliche Erbfolge. Sie sieht folgendes vor:

Rang 1: Kinder
Rang 2: Enkelkinder
Rang 3: Eltern des Verstorbenen
Rang 4: Geschwister des Verstorbenen
Rang 5: Nachkommen der Geschwister
Rang 6: Großeltern des Verstorbenen
Rang 7: Nachkommen der Großeltern
Rang 8: Urgroßeltern

Hat der Verstorbene einen Ehepartner, geht die Immobilie nicht komplett an die Hinterbliebenen der gesetzlichen Erbfolge. Einen Pflichtanteil erbt dann der Ehepartner. Dies ist folgendermaßen gestaffelt:

Nachkommen nach gesetzlicher Erbfolge Erbanteil Ehepartner
Kinder/Enkelkinder 2/3 1/3
Eltern/Geschwister/Großeltern 1/3 2/3
Nachkommen der verstorbenen Geschwister 1/3 2/3 plus Anteil der Nachkommen der verstorbenen Geschwister
Nachkommen der verstorbenen Großeltern 1/3 2/3 plus Anteil der Nachkommen der verstorbenen Großeltern

Erben mehrere Angehörige die Immobilie gemeinsam, wird es oftmals kompliziert. Schließlich muss geklärt werden, was mit der Wohnung oder dem Haus des Verstorbenen zu tun ist. Hier hat meist jeder Begünstigte eine eigene Meinung und man muss zu einem Konsens kommen.

WIE LÄSST SICH EIN IMMOBILIENERBE NUTZEN?

Wer ein Immobilienerbe antritt, erbt nicht nur die Wohnung oder das Haus, sondern auch alle Hypotheken, Schulden und Bankverbindlichkeiten, die auf der Immobilie lasten. Daher sollten sich Angehörige eines Verstorbenen gut informieren, bevor sie in die Erbschaft einwilligen. Entscheiden sich die Hinterbliebenen für die Erbschaft, stellt sich die Frage, wie die Immobilie genutzt werden sollte. Es gibt folgende Möglichkeiten:

Immobilie verkaufen:

Erben mehrere Hinterbliebene gemeinsam eine Immobilie, entscheiden sie sich oft dafür, das Haus oder die Wohnung zu verkaufen und den Erlös entsprechend der Bestimmungen aufzuteilen. Egal, ob Erbengemeinschaft oder alleiniges Erbe – bevor Angehörige eine Immobilienanzeige schalten, sollten sie durchrechnen, wie viel Gewinn nach der Veräußerung in Etwa übrig bleiben wird. Manchmal lohnt sich ein Verkauf nämlich nicht. Bestehen beispielsweise Grundschulden oder offene Hypotheken, muss der Verkaufspreis entsprechend hoch sein. Nicht immer gibt der Markt das her. Im Falle einer privaten Grundstücksveräußerung müssen Erben nach Paragraf 30 des Erbsteuergesetzes (EstG) zudem eine Immobilienertragssteuer auf den Gewinn zahlen. Als Veräußerungsgewinn gilt hierbei die Differenz zwischen dem Immobilienkaufpreis beim letzten entgeltlichen Erwerb und dem Verkaufserlös.

Immobilie vermieten:

Auch bei der Vermietung der geerbten Immobilie können die Kosten höher als der Gewinn ausfallen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Wohnung oder das Haus aufwendig saniert werden muss. Das Gute ist aber, dass sich die Sanierung sowie sämtliche anfallende Kosten als Werbungskosten von der Steuer absetzen lassen.

Erben mehrere Personen die Immobilie gemeinsam und entscheiden sich für eine Vermietung, besteht zwischen den Miteigentümern steuerlich eine sogenannte Eigentümergemeinschaft. Das heißt, dass alle gemeinsam als Vermieter auftreten und nur zusammen Entscheidungen treffen können.

Immobilie selbst beziehen:

Nicht immer möchten Angehörige eines Verstorbenen ihr Immobilienerbe verkaufen oder vermieten – häufig können sie es selbst sehr gut gebrauchen. Handelt es sich um eine Immobilie, die bereits vermietet ist, muss der Hinterbliebene den Mietvertrag aufkündigen. Außerhalb des Mietrechtsgesetzes (MRG) ist dies sogar ohne die Nennung von Gründen möglich. Gilt jedoch das MRG, muss der Erbe seinen Eigenbedarf gegenüber dem Mieter begründen.

Erben mehrere Personen die Immobilie gemeinsam, muss derjenige, der das Haus selbst nutzen möchte, die Miterben ausbezahlen. Hierfür wird der Verkehrswert der Liegenschaft abzüglich möglicher Schulden, die auf der Immobilie lasten, herangenommen. Für die Ermittlung des Verkehrswerts empfiehlt es sich, einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen.

TEILUNGSKLAGE: WENN SICH DIE ERBEN NICHT EINIGEN KÖNNEN

Können sich die gemeinsamen Erben nicht einigen, kommt es zur Teilungsklage.

Können sich die gemeinsamen Erben nicht einigen, kommt es zur Teilungsklage.

In einer Erbengemeinschaft existieren oft unterschiedliche Ansichten darüber, was mit der geerbten Wohnung oder dem geerbten Haus geschehen soll. Die einen wollen es selbst beziehen, die anderen lieber vermieten oder verkaufen. Kommen die Erben auf keinen gemeinsamen Nenner, muss das Rechtsverhältnis mit einer Teilungsklage geklärt werden. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Realteilungsklage: Die Immobilie wird in natürliche Einheiten geteilt, die den einzelnen Erben zugeordnet werden. Jeder Erbe kann über seine Einheit frei verfügen. Dies ist aber nur möglich, wenn die Immobilie so gebaut ist, dass sie sich real teilen lässt, wie beispielsweise ein Wohnhaus mit mehreren Wohnungen.
  • Zivilteilungsklage: Ist eine Realteilung nicht möglich, kann eine Zivilteilungsklage für klare Verhältnisse sorgen. Hierbei wird die Immobilie gerichtlich versteigert und der Erlös aufgeteilt.

ERST INFORMIEREN, DANN HANDELN

Eigentum verpflichtet – dies trifft besonders aufs Immobilienerbe zu. Um bezüglich des Erbantritts und des Umgangs mit der Erbsache die richtige Entscheidung zu treffen, sollten sich Hinterbliebene gut über ihre Möglichkeiten informieren und gegebenenfalls eine Steuer- oder Rechtsberatung in Anspruch nehmen.