„Ich liebe Urlaub daheim“

„Ich liebe Urlaub daheim“

Was machen wir an den Pfingstfeiertagen?

Unser Tochter campiert zu Pfingsten mit Freund*innen am Ottensteiner Stausee und ich freue mich für sie, dass die Wettervorhersage einiges an Sonne und knapp 20 Grad verspricht, was im Waldviertel bekanntlich Hochsommer bedeutet.

Der Beste und ich haben noch keine konkreten Pläne. Für Autostaus in Richtung Süden fehlen uns gerade die Nerven und die letzten freien Tage haben uns einmal mehr gezeigt, wie wunderbar Urlaub daheim sein kann.

Zu Christi Himmelfahrt erkundeten wir das Alsergrund-Grätzel, in dem wir uns vor fast 30 Jahren verliebten. Bei Wind, Regen und ungemütlichen acht Grad haben wir die Studenten-Wohnung des Besten aufgesucht und waren uns nicht mehr ganz sicher: Hausnummer 11 oder 13?

Wir hatten nichts und waren glücklich

Danach sind wir, fest umschlungen zum Schutz vor der Kälte, in den Augarten marschiert, zum alten Sportplatz, auf dem wir damals in den Sommer-Semestern fast jeden Abend mit Freund*innen Volleyball spielten. Der Platzwart wurde regelmäßig mit Bier-Kisten, die wir ihm vor seine Kabine stellten, bestochen und nicht selten haben wir diese dann – nach unseren Matches – mit ihm geleert. „Wir hatten nichts und waren glücklich“, sagt der Beste und zurrt seinen Schal fester.

Überwältigt von Nostalgie-Schüben besuchen wir noch die Strudelhofstiege, machen ein paar Fotos und kehren schließlich ein ins Gasthaus Rebhuhn in der Berggasse. Wir freuen uns, dass wir trotz der belegten Erstkommunions-Tische noch einen freien Platz bekommen. Saibling und Tafelspitz munden und in der Süddeutschen lese ich ein Interview, in dem Noel Gallagher über sein neues Album spricht und sagt, dass es nichts Besseres geben könnte, als in die Liebe verliebt zu sein. Das finde ich schön.

Sprung ins 12 Grad kalte Seewasser

Am nächsten Tag – Zufall? – entdecke ich auf dem Flohmarkt am Schwedenplatz eine Ausgabe von Heimito von Doderers „Strudelhofstiege“, ein gut erhaltenes Exemplar aus den Sechziger Jahren. Der Roman begleitet mich seitdem überall hin und ist natürlich auch mit dabei, als wir am Sonntag an den geliebten Lunzer See fahren. Der hat „erfrischende 12 Grad“, wie uns das an einem Baumstamm befestigte Schild verrät, und wir springen trotzdem hinein. Der Rasen ist noch nicht gemäht, es sind kaum Menschen hier, abgesehen von ein paar Radfahrern, die sich mit Bier und Kaffee am Buffet stärken. Gegen 17 Uhr bläst der Wind noch einmal alle Wolken weg und wir liegen in der Sonne.

Zu Pfingsten, schlage ich dem Besten vor, könnten wir uns die neue Beatles-Fotoausstellung in der Galerie Westlichtlicht ansehen, das Kind beim Campieren überraschen (vielleicht doch keine so gute Idee), Tennis spielen, einen der 14 Stadtwanderwege abgehen, ans geliebte Gänsehäufel fahren oder um den Neusiedlersee radeln. „Da müsste ich so langsam fahren, dass ich umfalle“, sagt der Beste und ich schmolle ein bisschen. Gut möglich, dass wir auch erneut zu einer Grätzel-Tour aufbrechen: Im Prater blühen wieder die Bäume. Und die „Strudelhofstiege“ kann ich dort auch gut weiter lesen.

Kristin Pelzl-Scheruga ist Chefredakteurin von WOMAN Balance.