Darmbakterien gegen Depressionen

Darmbakterien gegen Depressionen

Die Verdauung kann Einfluss auf die psychische Gesundheit nehmen.

Unser Gehirn kann auf unsere Verdauung einwirken – keine Frage. Im einfachsten Fall natürlich durch unsere Entscheidungen, wann wir welche Nahrung zu uns zu nehmen. Aber auch weitergehend bringen Ängste und Stress unsere Verdauung in Aufruhr oder verlangsamen die normalen Abläufe. Kann aber das Verdauungssystem auch unser Gehirn beeinflussen? Diese Richtung der sogenannten Darm-Hirn-Achse ist noch wenig verstanden, spielt aber zunehmend eine wichtige Rolle.


Die Bakterien in unserem Darm können beispielsweise durch Veränderung des Säurehaushalts unseres Körpers unser Blut-Gehirn-Schranke regulieren – also mitbestimmen, welche Substanzen direkt auf unsere Nervenzellen treffen dürfen. Die verschiedenen Populationen von Bakterien in unserem Darm stellen auch Substanzen für uns her. Ein Teil unserer Nahrung ist nämlich nicht direkt für uns bestimmt, sondern für unsere Mitbewohner gedacht, die daraus auch Vitamine herstellen.

Sind bestimmte Bakterien in zu geringer Zahl vorhanden, können also auch manche Vitamin-Mangelzustände auftreten und wiederum unsere Gesundheit beeinflussen. Eine frühere Studie zeigte auch, dass Darmbakterien auf die Verarbeitung von Tryptophan einwirken können, aus dem der Körper das Glückshormon Serotonin und das Tag-Nacht-Hormon Melatonin herstellt.

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Welche Bakterien sind gut für uns?

Eine Studie der Chongqing Medical University in China untersuchte die bakteriellen Wohngemeinschaften im Darm 44 depressiver Menschen, die bisher noch keine Medikamente eingenommen hatten und verglichen sie mit denen 44 gesunder Kontrollpersonen. Insgesamt konnte eine Vielzahl von unterscheidbaren Bakterienpopulationen identifiziert werden, in denen sich gesunde und an Depressionen erkrankte Menschen voneinander unterschieden. Dabei vielen zwei Arten besonders auf: Im Vergleich zu den gesunden Teilnehmern waren bei Frauen mit Depressionen mehr sogenannte Actinobacteria zu finden. Bei den an Depressionen erkrankten Männern waren dagegen geringere Zahlen sogenannter Bacteroidetes messbar als bei den gesunden Männern. Diese Ergebnisse werden gestützt von früheren Studien.

Eine weitere Studie von Guzman und Kollegen aus 2018 testete nun anhand von Mäusen sogar die Idee, ob die Darmbakterien einer an Depressionen erkrankten Person ähnliche Krankheitssymptome bei anderen auslösen könnten. Der Unterschied war deutlich: Die Depressionen und Ängste wurden mit der Bakterienkolonie übertragen, ihr Verhalten und die Entzündungswerte veränderten sich und auch der Nervenwachstumsfaktor BDNF, der bei Depressionen typischerweise auffällig anders im Gehirn produziert wird, zeigte bei den Mäusen mit den Depressions-Bakterienkulturen das typische Muster einer depressiven Erkrankung.

Darmbakterien für die Psyche

Auch bei der Bipolaren Störung fanden sich deutliche Unterschiede in der Darmbesiedlung – das Belegt eine Studie aus 2017. Weitere Studien sollen nun klären, ob Darmbakterien als messbare Anzeichen für eine Depressionserkrankung dienen können. Noch ist auch unklar, wie weitverbreitet diese Zusammenhänge bei Patienten mit Depressionen sind. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit, neue, eventuell ergänzende Behandlungsansätze für Depressionen und die Bipolare Störung zu entwickeln: durch Förderung der antidepressiven Bakterienkulturen und der gesündesten Wohngemeinschaft im Darm. Auch hier wird noch geforscht werden müssen.

Bis entsprechende Therapien tatsächlich nutzbar sind, bietet es sich an, die ‚guten‘ Darmkulturen zu hegen und zu pflegen. Wie das geht, ist an sich nichts Neues: weniger Stress, geregeltes Leben, Bewegung, ausreichend guter Schlaf und gute Ernährung mit frischer, ballaststoffreicher Nahrung, wenig Zucker und Fett. Damit kann man wahrscheinlich keine Depression oder Bipolare Störung heilen. Aber im Zusammenspiel mit der passenden klassischen Therapie mit Antidepressiva und/oder Phasenprophylaxe kann der Darm und mit ihm die Psyche eventuell stabilisiert werden.