Let’s talk about Sex!

Let’s talk about Sex!

Frauen wollen kuscheln, Männer immer Sex? Dieses Klischee ist überholt. Dennoch ist ihr Kuscheln oft genug, bei ihm darf meist „noch mehr“ sein. Woran liegt das? Eine Therapeutin klärt auf.

Die Entwicklungspsychologie besagt, dass Männer möglichst oft Geschlechtsverkehr haben und ihr Erbgut weit verstreuen, um die Erhaltung der Art zu sichern. Frauen hingegen vergewissern sich instinktiv, ob der Partner auch geeignet ist, ihr Erbgut weiterzugeben. Dazu gehört auch, ein einfühlsamer Familienvater und nicht nur ein starker Ernährer zu sein. Deshalb messen Frauen dem Kuscheln einen hohen Stellenwert bei. Viele Männer betrachten das Bedürfnis ihrer Frau nach Nähe und Geborgenheit als Einladung, den sanften Übergang zum
Sex zu bereiten. Kuscheln als Vorspiel? Viele Frauen sind frustriert und fühlen sich auf einen Objekt-Status reduziert. Sie schweigen aber – aus Angst, ihn zu vergraulen.
Beate, 44, führt eine glückliche Beziehung. Ihr Mann Heinz, 50, trägt sie seit zwanzig Jahren Ehe auf Händen. Sie könnte sich geliebt und geborgen fühlen, wäre da nicht ein wiederkehrender Konflikt: „Wann immer ich kuscheln will, merke ich, dass er eine Erektion bekommt.“ Beate findet das traurig: „Bin ich denn nur reduziert auf ein Lustobjekt?“ Genau das Gegenteil ist der Fall: Heinz genießt die Kuscheleinheit, empfindet aber auch sexuelle Erregung dabei. Deswegen würde er Beate aber nie bedrängen, die aus schlechtem Gewissen zögert, ihre Grenze zu signalisieren. Sie „opfert“ sich dann meist um ihrer „perfekten Partnerschaft“ willen, obwohl ihr gar nicht nach Sex ist.
Männer sind anders gestrickt als Frauen. Darum betrachten sie es nicht als Zeichen primitiver Objektlust, wenn sie beim Kuscheln „scharf werden“, sondern als Kompliment für die erotische Anziehungskraft ihrer Frauen. Heinz sieht Beate durchaus in ihrer Gesamtheit. Er würde ihre Abgrenzung auch nicht als Zurückweisung sehen. Für ihn ist nichts verwerflich daran, durch ihre Nähe erregt zu werden.
Beates Abneigung gegen die sexuelle Erregung ihres Mannes gründet in einem belastenden Selbstverständnis von sich als Sexualobjekt. Fühlt sich eine Frau durch die sexuelle Lust ihres Mannes unter Zugzwang, jedes Mal gegen ihren Willen Sex zu haben, ist Gesprächszeit angesagt. Im Bedarfsfall können in einer Paartherapie wechselseitige Wünsche, Sorgen und Ängste offen ausgesprochen und gemeinsame Verhaltensstrate-
gien entworfen werden.

Psychotherapeutin in der Privatklinik St. Radegund und in freier Praxis in Graz und Wien. www.wogrollymonika.at