Was, wenn ich negative Glaubenssätze nicht auflösen kann?

Was, wenn ich negative Glaubenssätze nicht auflösen kann?

Glaubenssätze "wegzudenken" wird oft als schnelles Erfolgsrezept propagiert. Doch was, wenn das nicht funktioniert?

„Du musst nur deinen Glaubenssatz verändern und alles ist gut“ – solche und ähnliche Botschaften lesen wir haufenweise in Ratgebern und hören wir auf jedem Seminar. Doch was, wenn das nicht funktioniert?
Dann sind die Selbstzweifel erst mal riesengroß. Denn wer schon mal die tiefe Überzeugung hat „Ich bin nicht gut genug“ und diese durch das vermeintlich ganz leichte „Wegdenken“ eines Glaubenssatzes nicht lösen kann, denkt sich erst recht: „Mit mir stimmt etwas nicht!“
Oft wird dabei vergessen, dass die mentale Ebene nur eine von dreien ist. „Weiters sind noch die emotionale und die Verhaltens-Ebene zu berücksichtigen“, sagt Marcus Täuber, Bestseller-Autor und Neurobiologe beim Institut für Mentale Erfolgsstrategien.

Botschaften prägen sich mit Emotionen ein

Neurobiologe Marcus Täuber

Es reicht also nicht, ein tief sitzendes Muster allein auf der kognitiven Ebene wegmachen zu wollen. Viel effektiver sind Techniken, bei denen das Emotionszentrum im Gehirn angesprochen wird und mit denen man neue Verhaltensweisen zur Gewohnheit machen und diese so verfestigen kann. „Man muss sich auch die Frage stellen, was zu erst da gewesen ist: Der Glaubenssatz oder die Situation“, sagt Täuber. Schließlich werden wir seit der Kindheit intensiv geprägt durch die Erziehung aber auch durch gesellschaftliche Einflüsse. „In Situationen, in denen wir stark emotional involviert sind, ist das Gehirn auch besonders empfänglich für Botschaften“, sagt Täuber weiter, „Zum Beispiel in Stress-Situationen wie bei Prüfungen oder in Konflikten sowie bei medizinischen Behandlungen oder beim Warten auf eine Diagnose.“ In solchen Situationen brennen sich Botschaften förmlich ins Gehirn und besonders im Kindes- und Jugendalter, wenn sich das Gehirn noch am stärksten entwickelt, können diese Botschaften dauerhaft beeinflussen.

Das Unbewusste bewusst machen

„Es ist auch nicht ausreichend, sich lediglich neue Sätze vorzusagen, wenn man den alten nicht bewusst gemacht und verändert hat“, sagt Täuber. Wenn man sich ständig vorsagt: „Ich bin stark“ oder „Ich bin erfolgreich“ und sich das selbst nicht glaubt, macht das wenig Sinn. Es gilt also, Formulierungen zu finden, die man annehmen kann und die weniger abstrakt als viel mehr spürbar sind. Zum Beispiel: „Ich genieße es, wenn ich nein sagen kann.“ Oder: „Ich bin stolz, wenn ich mir dieses oder jenes nicht gefallen lassen habe.“
Auch imaginative Techniken, in denen man Schlüsselsituationen mit Bildern und Emotionen „überschreibt“, haben sich als sehr wirksam erwiesen. Generell braucht es Wiederholungen über einen längeren Zeitraum, um neue Gewohnheiten – dazu zählen auch Denkmuster – zu etablieren. „Drei Monate sind hier ein guter Richtwert“, sagt Marcus Täuber.
Neben meditativen Techniken ist es auch bedeutsam, neue Erfahrungen zu machen und äußere Reize mit neuen Reaktionen und Emotionen zu verknüpfen. Zum Beispiel, indem man das nächste Mal bei einer verbalen Attacke nicht in den Gegenangriff geht, sondern selbstbewusst und gelassen kontra gibt. „Je öfter wir diese neuen Erfahrungen machen, desto stärker können sie sich nur neuen Gewohnheit etablieren“, sagt Marcus Täuber.
Das Auflösen tief sitzender Glaubensmuster und Überzeugungen ist also viel mehr mit einem kontinuierlichen Training im Fitness-Studio zu vergleichen.