Ich darf zuerst!

Kristin Pelzl-Scheruga und Tochter.

Kristin Pelzl-Scheruga und Tochter.

Mein morgendlicher Kampf um die Yogamatte.

An sich soll uns Yoga ja zu friedlicheren Menschen machen. Beweisen kann man das freilich schwer. Aber immerhin kenne ich keine grantigen Yogis und auch keine aggressiven. Vermutlich ist die indische Heilgymanstik sogar der Grund dafür, weshalb Yoga-Fan Meghan Markle bei Familienfesten keine Morde begeht. Aktuell lebt die Queen jedenfalls noch.

Wissenschaftlich versucht man das damit zu begründen, dass die Atem- und Dehnübungen den Level des Stress-Hormons Kortisol im Blut drosseln. Leider ist das nicht bei jedem so. Denn was unsere Klein-Familie betrifft, die sich aus den sozialepidemiologisch relevanten Teilnehmern Vater, Mutter (ich) und Kind (12) zusammensetzt, wage ich zu behaupten: unserem Blut täte etwas weniger Kortisol ganz gut. Vielleicht ist es dafür aber auch nur zu wenig königsblau.

Was unseren Haussegen stört: jeder will auf die Matte. Die Tochter, um Handstand-Überschläge und Spagate zu üben (rund um die Uhr). Mein Mann und ich, um Yoga zu machen, vorzugsweise in den frühen Morgenstunden. Weil danach das Kind turnt (meist mit Musikbeschallung in voller Lautstärke).

Ich stehe also extra früh auf. Damit ich alleine, ganz für mich, in Ruhe, ungestört meine Übungen machen kann. Das Blöde: mein Mann, bislang ausschließlich auf Wettkampf-Sport fixiert, will seit ein paar Wochen auch alleine, ganz für sich, in Ruhe, ungestört seine Übungen machen. Wer zuerst wach ist, hat gewonnen. Ihm gehört die Yoga-Matte, der erste Sonnengruß, der ganze Tag. Stellt mein Mann seinen Wecker also auf 6.30 Uhr, programmiere ich meinen auf 6 Uhr. Er kontert tags darauf mit 5.45 Uhr.

Das führt dazu, dass wir immer früher, immer müder aufstehen. Irgendwann werden wir gar nicht mehr schlafen gehen und die einzigen Yogis sein, die grantig und aggressiv sind. Für den Frieden Englands kann man nur beten, dass Prinz Harry nie mit Yoga beginnt.

Kristin Pelzl-Scheruga ist Chefredakteurin von „Lust aufs LEBEN“.
Am 9. Mai erscheint eine „Yoga & Ayurveda“-Spezialausgabe.