Schon Kinder haben Burn-out

Schon Kinder haben Burn-out

Drei bis fünf Prozent der Kinder leiden bereits an Burn-out. Kinder- und Jugendpsychiater Michael Schulte Markwort über die Ursachen dieser Entwicklung – und was er Eltern rät.

Wie kommt es, dass schon so kleine Menschen ausgebrannt sind?
Michael Schulte-Markwort: Meist ist ein völlig überzogener Leistungsanspruch vonseiten der Schule schuld. Die Schule ist - zumindest in Deutschland – kein Ort der Wertschätzung. Hier wird eine schlechte Note mit „faul“ oder „dumm“ gleichgesetzt. Ist eine ganze Klasse schlecht, dann wird das Problem bei den Schülern gesucht, nie bei den Lehrern. Das demotiviert. Stellen Sie sich vor, Ihr Vorgesetzter kritisiert Sie die ganze Zeit. Da wird alles viel anstrengender.

Aber das muss doch früher noch viel schlimmer gewesen sein? Da war keine Rede von Burn-out-Kids.
Schulte-Markwort: Die Kinder früher sind mit der Situation anders umgegangen. Wir haben uns in meiner Generation häufiger verweigert und versucht, den Lehrer auszutricksen. Heute sind Kinder viel leistungsorientierter – man muss sie nicht auffordern, dass sie lernen.
Heute geht es vielmehr darum, zu schauen, ob sie angemessene Lernstrategien haben, zu viel Stoff auf einmal lernen oder schlechte Wiederholungszyklen haben.

Wie beurteilen Sie den Trend zur Ganztagsschule?
Schulte-Markwort: Wenn die Kinder danach nach Hause kommen und frei haben, ist das eine Erleichterung. Häufig müssen sie aber noch lernen, und das wird dann zu viel.

Warum sind Mädchen häufiger von Burn-out betroffen als Buben?
Schulte-Markwort: Mädchen sind leistungsorientierter. Wenn Mädchen ein Problem nicht lösen können, strengen sie sich noch mehr an, Buben flüchten in den Sport.

Wie erkenne ich, dass mein Kind womöglich unter Burn-out leidet?
Schulte-Markwort: Es beginnt mit einem Leistungsknick, setzt sich fort mit Erschöpfung, Konzentrationsstörungen, Lustlosigkeit und kann sich steigern bis hin zu Symptomen einer Depression.

Wie können Eltern helfen?
Schulte-Markwort: Wichtig ist, dass sie rechtzeitig reagieren. Solange der Schweregrad nicht so weit fortgeschritten ist, kann man gemeinsam den Stundenplan anschauen, ob er zu voll ist. Wo ist zu viel Stress, wie erholt sich das Kind? Die Kinder, die zu mir in die Praxis kommen, sind schon manifest depressiv, sodass ich ein Medikament verschreiben muss, bevor die Therapie fortgesetzt werden kann.

Buchtipp
Der Hamburger Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. Michael Schulte-Markwort hat seine Erfahrungen in „Burnout-Kids“ zusammengefasst. Erschienen im Pattloch Verlag, um € 17,99.