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Verborgene Emotionen erkennen: authentisch oder Fake?

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Verborgene Emotionen erkennen: authentisch oder Fake?
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Nicht immer zeigen Menschen ihr "wahres Gesicht". Profilerin Patricia Staniek erklärt, wie Sie verborgene Emotionen erkennen und besser kommunizieren können.

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Profilerin Patricia Staniek © Moni Fellner

Würden wir unsere Partner, Kinder, Kollegen, Vorgesetzte, Verhandlungspartner besser verstehen, wenn wir wissen, was Sie hinter ihrem gezeigten Gesicht wirklich fühlen? Der Job von Profilerin und Consulterin Patricia Staniek ist es, die wahren Emotionen zu enttarnen, um zum Beispiel Lügen oder wahre Absichten von Menschen zu erkennen: "In einer beruflichen Konfliktsituation zum Beispiel verbirgt man oft aus strategischen Gründen, was man fühlt", sagt Staniek, "Oder man sagt etwas Positives, lächelt scheinbar dabei, will nicht verletzen und versteckt dabei ein vollkommen anderes Gefühl wie z.B. Ärger, Abneigung oder Verachtung hinter der Fassade."

Der Mund spricht also etwas anderes als die Mimik zeigt: "Besonders die nur ca. 1/5 Sekunden schnellen, kurzen Bewegungen der Gesichtsmuskulatur verraten hingegen die emotionale Wahrheit", sagt Staniek. Die Methode, die Patricia Staniek beim Erstellen von Menschenprofilen einsetzt, nennt sich F.A.C.S. – Facial Action Coding System und befasst sich mit dem Lesen von universeller Mimik. Sie wurde von Prof. Paul Ekman, Jo Hager und Wallace Friesen entwickelt. Sie ist wissenschaftlich fundiert und wird zum Beispiel u.a. vom FBI und Flughafensicherheit angewendet.

Microexpressions: So können Sie echte Emotionen erkennen:

Wie können wir die Methode anwenden? "In Form von minimalen und teils sehr schnellen mimischen Bewegungen oder Mimiksplittern zeigt uns das Gegenüber, was es tatsächlich fühlt", sagt Patricia Staniek, "Wenn jemand z.B. aus dem Vertrieb diese Signale erkennt, ermöglicht dies, den Kunden dort abzuholen, wo er tatsächlich steht, um ein für ihn passendes Produkt zu finden." Menschen sagen also nicht immer, was sie denken – ihr Gesicht hingegen schon.

Ob in Meetings, im Verkaufsgespräch oder im Dialog mit dem Partner oder den Kindern – wenn wir die tatsächliche Emotion eines Menschen erkennen, ist es einfacher, zu verstehen und eine kooperative Ebene zu erlangen. Patricia Staniek zeigt, wie Sie die wichtigsten Emotionen erkennen:

Ärger

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Ärger
k.A © Udo Schloegl

Die Augenbrauen drücken nach unten und ziehen zusammen. Das obere Augenlid kann aufgerissen sein, das untere Augenlid angespannt und von außen nach innen eingezogen. Die Nasenflügel können sich weiten oder zusammenziehen und die Lippen pressen aneinander. "Im Bereich des Mundes und des Kinns sind mehrere unterschiedliche Bewegungen je nach Grad und Ausprägung des Ärgers möglich", sagt Staniek. Zum Beispiel: "Das Kiefer stößt nach vor oder Oberlippe und Unterlippe verschieben sich und die Zähne werden gebleckt."

Zeigt eine Person ihren Ärger offen, dann ist dies für Sie ohnehin erkennbar. "Will sie Ärger verbergen, dann sehen sie meist nur eine einzelne oder zwei Bewegungen aus dem gesamten Ärgerausdruck", sagt Staniek. Die Bewegungen sind dann sehr schnell und kurz: "Ein kurzes Hinunterdrücken der Augenbrauen oder ein kurzes Zusammenpressen der Lippen reicht schon, um Ärger zu zeigen", so Staniek.

Bei einem Menschen können Sie verborgenen Ärger möglicherweise dann sehen, wenn er sich bedrängt fühlt. Zum Beispiel, weil der Verkäufer schon das fünfte Kleidungsstück anbietet, das nicht seinem Geschmack entspricht, wenn der Preis für Qualität oder Leistung zu hoch bzw. als "frech" empfunden wird. "Der Verkäufer zeigt möglicherweise Anzeichen von Ärger, wenn ein Kunde respektlos oder unfreundlich ist", sagt Staniek.

Wenn Sie also eine dieser Microexpressions – das sind schnelle und kurze Bewegungen der Mimik – aus den genannten oberen mimischen Bewegungen sehen, dann versucht die Person ihren Ärger zu verbergen oder zu kontrollieren. "Eine offene Frage an den Kunden, bringt Information und löst den Ärger vielleicht auf", sagt Staniek, "Denn Ärger ist auch ein Einwand."

Freude

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Freude
k.A © Udo Schloegl

Freude ist wohl die schönste aller Emotionen! Die Ringmuskulatur um die Augen zieht sich zusammen und bildet Fältchen wie Sonnenstrahlen um das Auge. "Diese sonnenstrahlenförmigen Fältchen sind das Echtheitszertifikat für die Grundemotion Freude und für echtes Lachen", sagt Staniek, "Die Augen leuchten und lachen mit, ein Wulst entsteht unter dem Auge und die Lidmittelfalte senkt sich ab."

Die Mundwinkel sind zudem nach oben gezogen und schieben die Wange hoch! "Bei stark botoxierten Augen sind genau diese Strahlenfältchen nicht mehr vorhanden", so Patricia Staniek weiter, "Das Lachen wirkt dann aufgesetzt und unecht! Bei einem aufgesetzten, sozialen- oder Fakesmile bleiben die Augen kühl."
Wenn einem Verkäufer ein kurzes Blitzlächeln übers Gesicht huscht, kann es sein, dass er sich freut, weil sie tatsächlich glauben, in diesem Kleidungsstück toll auszusehen, weil sie diesen Preis tatsächlich für ein Schnäppchen halten oder weil er sie gerade dazu überredet hat den Dauerladenhüter zu kaufen.

Verachtung

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Verachtung
k.A © Udo Schloegl

Verachtung ist die einzige „einseitige“ Ausdrucksform der Mimik. Ein Mundwinkel wird hochgezogen und ein Mundwinkel ist eingepresst. "Oft wird das Kinn dabei gehoben, der Blick geht nach von oben nach unten, welches der Verachtung noch Arroganz verleiht", sagt Patricia Staniek, "Diesen Emotionsausdruck setzen wir ein, wenn wir jemanden belächeln oder geringschätzen. Es dient dazu, den anderen abzuwerten – egal auf welcher Seite des Gesichts der Mundwinkel eingepresst oder hochgezogen wird." Macht es der Kunde, dann kann es sein, dass er die Kompetenz des Verkäufers anzweifelt. Die Verachtung kann aber auch einen Einwand anzeigen.

Ekel

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Ekel
k.A © Udo Schloegl

Ekel ist grundsätzlich Abneigung und präsentiert sich immer in der zentralen Mittellinie des Gesichtes. "Die Aktion der Muskulatur ist eine Rümpfbewegung", so Staniek, "Die Nase und die Oberlippe ziehen nach oben. An der Nasenwurzel und/oder an den Seitenwänden knapp unter der Nasenwurzel werden durch die Rümpfbewegung Fältchen sichtbar." Die Nasolabialfalte vertieft sich dabei oder verstärkt sich! Die Oberlippe wird hochgeschoben. Bei geöffnetem Mund wird die obere Zahnreihe freigelegt, bei geschlossenem Mund ist nur ein Rümpfzug nach oben zu sehen.

Ekel oder Abneigung zeigt sich nicht nur bei Geruch und Geschmack den wir nicht mögen, sondern es drückt eine allgemeine Form der generellen Abneigung auch gegen Personen, Inhalte, Themen oder Produkte aus. "Was bedeuten kann, dass der Verkäufer ihre Fragen nicht gerne beantwortet, dass sie ihm auf die Nerven gehen, dass er findet Sie sehen in dem Kleid wie eine Tonne aus, dabei lächelt und sagt, wie großartig Ihnen das Teil steht", schildert Staniek aus der Praxis.

Überraschung

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Überraschung
k.A © Udo Schloegl

Bei Überraschung heben sich beide Augenbrauen, eventuell das obere Augenlid und die Kieferlade fällt bei offenem oder geschlossenem Mund nach unten. Wann ist der Kunde überrascht? Wenn der Preis passt! Dabei kann sich ganz kurz die Braue oder das obere Augenlid heben. Wann ist der Verkäufer überrascht? Wenn Sie mitbekommen haben, dass er Sie über den Tisch ziehen will.

Angst

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Angst
k.A © Udo Schloegl

"Wenn Sie Augenweiß oberhalb der Pupille sehen, sprechen wir von Erschrecken oder Angst", sagt Staniek. Die Unterlippe kann dabei schnell seitlich wegziehen, welches eine Unsicherheit bedeuten kann. Sehen Sie diese Lippenbewegung beim Verkäufer der Ihnen eine wichtige Frage beantworten soll dann hat er möglicherweise von der Antwort wenig Ahnung und zeigt Ihnen somit seine Unsicherheit oder Unwissen.

Trauer

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Trauer
k.A © Udo Schloegl

Zeigt ein Verkäufer oder Kunde tatsächlich Traueranzeichen? "Ja, das kann durchaus passieren!", so Patricia Staniek, "Der Kunde zeigt ein Traueranzeichen, weil das Produkt für ihn möglicherweise nicht leistbar ist. Bei der Trauer ziehen die Innenspitzen der Augenbraue zusammen und hoch. Das sieht wie ein Giebel, wie eine Triangel oder manchmal wie ein Hufeisen zwischen den Augenbrauen aus."

Die Mundwinkel gehen wie beim traurigen Smiley nach unten. Der Verkäufer unterstreicht bzw. verstärkt seine „ehrliche“ Ansage mit dem Hochziehen der Innen-Augenbrauen, wie es zum Beispiel Politiker machen: "Er setzt den Dackelblick auf um zu zeigen dass er harmlos ist und es ehrlich meint, hat einen Zweifel am Produkt oder verzweifelt am Verkaufsgespräch", sagt Staniek, "Oft kann das Hochziehen der Innen-Augenbrauenspitze ein Erbitten sein: 'Glauben Sie mir, ich bin sowas von ehrlich'!"

Weitere Informationen: www.patriciastaniek.at

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