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Dry January: Die neue Klarheit

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Warum ich derzeit keinen Alkohol trinke

Der Christbaum wird gerade abgeräumt und die Lametta ist bereits wieder im Keller verstaut: gut, dass der Trubel vorbei ist. Ich mag das Jahr, wenn es unverbraucht vor einem liegt wie Neuschnee, den noch niemand betreten hat.

Der Dezember führt sich ja immer auf wie eine überdrehte Diva. Ganz anders der Jänner. Da ist nichts Zuviel an diesem Monat, kahl und minimalistisch geht er voran, alles Überflüssige scheint wie weggeblasen. Diese Klarheit tut gut und vielleicht trinken gerade deshalb jetzt viele Menschen keinen Alkohol. Einmal richtig ausnüchtern, zumindest eine Zeitlang.

Eine Herausforderung: Abstinent auf Partys

Ich habe den „Dry January“ schon im Vorjahr praktiziert, mich dabei großartig gefühlt und die Alkoholkarenz freiwillig bis weit in den Februar hinein verlängert. Heuer möchte ich das wiederholen. Und obwohl ich nie viel getrunken habe, fällt es mir vor allem anfangs nicht leicht, auf das eine oder andere Genuss-Achterl zu verzichten. Ausgerechnet jetzt gibt es so viele Anlässe, zu denen ein Gläschen besonders gut schmecken würde – eine feine Essenseinladung bei Freunden, eine Woche später ein runder Geburtstag. 

Was meinen Entschluss nicht leichter macht: das Nicht-Trinken kommt nicht überall gut an. „Na geh, jetzt sei doch nicht so fad! Ein Schluck zum Anstoßen wenigstens!“ Man muss mindestens schwanger oder alkoholabhängig sein, um damit ohne Rechtfertigung durchzukommen. Eine Frage, die auch oft gestellt wird: „Was soll denn das bringen?“

Zugegeben: Die wissenschaftliche Beweislage, dass eine einmonatige Alkokolkarenz gesundheitliche Benefits mit sich bringt, ist tatsächlich eher dünn. Es sind eher subjektive Verbesserungen, die man zu bemerken glaubt: Man kann sich besser konzentrieren, schläft tiefer, sieht frischer aus und ist auch irgendwie besser drauf – zumindest nach den ersten zwei Wochen.

Ist jedes Glas eines zu viel?

In einem aktuellen Artikel der „New York Times“ erklärt Suchtmediziner Dr. David Wolinsky, dass der „Dry January“ nicht für Patienten geeignet sei, die unter Alkoholmissbrauch leiden, sondern vielmehr für jene, die das neue Jahr für einen Motivationskick nützen wollen, um gesündere Gewohnheiten zu etablieren – ein mentaler und körperlicher Neustart, sozusagen. Eine Studie aus dem Jahr 2016 belegt zudem, dass Teilnehmer*innen der „Dry January Challenge“ auch noch ein halbes Jahr später weniger trinken als zuvor.

Alkohol kommt derzeit schlecht weg: Jedes Glas sei eines zu viel, lese ich in der Neuen Zürcher Zeitung. Das „Zellgift“ schädige den gesamten Körper. Freilich gibt es auch Mediziner, die das anders sehen. Der Wiener Anti-Aging Pionier Prof. Dr. Markus Metka etwa verweist auf die schützende Wirkung eines (!) Gläschen Weins pro Tag auf unser Herz-Kreislaufsystem. Aber auch er betont: „Die Dosis macht das Gift!“ (nachzuhören in der WOMAN Balance Podcast-Episode#34 Kann man sich jung denken?)

Alkohol für immer entsagen? So weit bin ich noch nicht. Weniger, weil ich ihn routinemäßig konsumiere, sondern weil ich den „Vibe“ mag, wie meine Teenager-Tochter diese spezielle Atmosphäre umschreiben würde, die mit einer gepflegten Trinkkultur einhergeht: ein schönes Gespräch, Kerzenlicht – dazu passt ein entspanntes Glas Rotwein einfach perfekt.

Aber ging mir das früher nicht ähnlich mit Zigaretten? Man wirkte damit lässig auf Partys, intellektuell bei Debatten und distinguiert nach einem gepflegten Essen. Ich habe nie viel geraucht, sondern war bis zu meiner Schwangerschaft tatsächlich so etwas wie eine Genussraucherin. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich meine letzte Zigarette geraucht habe. Ich weiß nur: sie hat mir nicht mehr geschmeckt.

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