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Muten Sie sich anderen zu?

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Unser Abend im Flex

Mit dem Besten kann man alles machen: Ausstellungen besuchen, Berge besteigen, Ragù kochen, Städte erkunden, Wände ausmalen, auf Flohmärkte gehen oder auf Konzerte.

Außer er ist hungrig. 

Unlängst waren wir im Flex, eine Location, an der sich normalerweise die Teenager-Tochter herumtreibt. Diesmal aber ist die Bude gesteckt voll mit Menschen, die sich in der zweiten Hälfte eines guten Lebens befinden und das Flex „von früher“ kennen. Grund dafür sind ein Gynäkologe und ein Fotograf: Andreas Nather und Andreas Bitesnich haben zur Release-Party ihres ersten Albums „Stereofoundation“ geladen – so auch der Name ihrer Band.

DIE STIMMUNG STEIGT, AUSSER BEIM BESTEN

Als der Frauenarzt und der Fotokünstler samt Band live on stage ihren „Rock’n Roll Dream“ zelebrieren, steigt die Stimmung im Flex. Außer beim Besten. Der hat Hunger. Kurz erhellt sich sein Gemüt, als er im Blitz-Stakkato einen alten Radfahr-Kumpel erspäht: Ah sieh einer an, der ist auch da! 

Es sind viele da. Fesche Medienmenschen und jung gebliebene Ärzt*innen; die meisten habe ich schon länger nicht mehr gesehen. Klassentreffen-Feeling, fast. Stereofoundation geben auf der Bühne alles, ohne Pause, der Sound kommt aus der Seele. Ich bin beeindruckt von der Leidenschaft, mit der die beiden Andis ihren Traum, Musik zu machen, verwirklichen. 

Wie schafft man das? Hauptberuflich ein Gesundheitszentrum leiten, Frauen durch Schwangerschaften und Wechseljahre begleiten und sich „nebenbei“ auf ein ganz anderes Abenteuer einlassen, Kunst schaffen, etwas Neues wagen? Auf der Bühne ist man ausgesetzt, trägt sein Innerstes nach Außen. Wie wird man ankommen? Es könnte auch voll daneben gehen. Es gehört Mut dazu, sich anderen zuzumuten.

WIR WARTEN 40 MINUTEN AUF UNSER DIM SUM

Nach der Zugabe verlassen wir das Flex. Der Beste braucht Nahrung. Wir schlendern an einigen Bars vorbei. Da, endlich, ein Restaurant! Aber leider: die Küche hat schon geschlossen. Der Beste ist jetzt wütend, vor allem auf sich selbst. 

In der Innenstadt finden wir einen Asiaten, der noch offen hat. Wir warten fast 40 Minuten auf unser Essen, wollen schon wieder gehen, als der Kellner endlich das Garnelen-Dim-Sum bringt. Dem Besten ist der Appetit nun endgültig vergangen: „Ich will eigentlich nur mehr heim!“ Nach ein, zwei Bissen – es schmeckt köstlich – sagt er: „Tut mir leid. Hätte ich vor dem Konzert was gegessen, wär’s ein richtig toller Abend gewesen.“ 

Sich in einer Beziehung zuzumuten, heißt auch, seinem Gegenüber nichts vorspielen müssen, sagen dürfen, was Sache ist. Den anderen damit konfrontieren, wer man ist, was man fühlt und braucht. So gesehen ist auch ein Wutausbruch manchmal ein Mutausbruch.

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