Trennungsambulanz eröffnet in Wien

Trennungsambulanz eröffnet in Wien

Wer verlassen wird, wird mit den überwältigenden Gefühlen oft alleine gelassen. 2 Expertinnen haben jetzt in Wien die Trennungsambulanz gegründet. Start: Am 1. März 2018!

Die Trennungsambulanz ist eine offene Gruppe, in der Menschen, die eine schmerzhafte Trennung und Liebeskummer durchleben, Hilfe erhalten. Das Ziel der Trennungsambulanz ist, möglichst schnell und nachhaltig aus dem Schmerz herauszukommen. Wir haben mit einer der beiden Gründerinnen, Sabrina Limbek, gesprochen.

Lust aufs LEBEN: Warum haben Sie die Trennngsambulanz gegründet?

Sabrina Limbek: Aufgrund unserer beruflichen und persönlichen Erfahrungen mit Abschieden und Trennungen war es uns einfach ein Bedürfnis, Menschen in diesem Trauerprozess zu begleiten.
Dazu haben wir das Konzept einer geführten Selbsthilfegruppe mit Workshop-Charakter entworfen und festgestellt, dass es zu diesem Thema noch nichts in dieser Art gibt!

Lust aufs LEBEN: Auf welche (unterschiedlichen) Arten gehen Menschen mit Trennungen um?
Sabrina Limbek: Der Umgang mit Trennungen ist eng gekoppelt mit der Art der Beziehung und wie es zur Trennung kam. Daher lässt sich die Frage nicht so direkt beantworten. Aber es gibt viele Menschen, die sehr lange brauchen, um eine schmerzhafte Trennung zu überwinden. Manche brauchen Jahre, andere nur ein paar Monate. Männer und Frauen gehen auch unterschiedlich damit um. Männer stellen sich in der Regel den Gefühlen nicht im gleichen Ausmaß wie Frauen das für gewöhnlich tun. Das kann sowohl Vorteile als auch Nachteile bringen. Am Ende ist nur wichtig, dass Männer und Frauen wieder den Mut aufbringen, eine neue Beziehung eingehen zu wollen.

Lust aufs LEBEN: Was geht bei einer Trennung auch physiologisch im Körper vor?
Sabrina Limbek: Liebekummer ist eine anerkannte Krankheit und die medizinische Bezeichnung ist “Morbus amoritalis". Körper und Seele reagieren mit Beschwerden wie Schlaf- und Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Konzentrationsstörungen. Auch Suchtverhalten ist eine mögliche Auswirkung auf den Trennungsschmerz. Nicht selten kommt es auch zu Alkohol- und/oder Drogenmissbrauch.

Lust aufs LEBEN: Was sind die häufigsten Gedanken und Gefühle dabei, und warum sind diese oft so herausfordernd?

Sabrina Limbek: Zu aller erst ist es tiefe Traurigkeit, Wut, Trauer und Angst - vor allem Zukunftsangst. Manche Menschen verhalten sich aggressiv oder feindselig gegenüber Anderen, weil ihre Gefühle so verletzt sind, oder sie ziehen sich zurück und zeigen kein Interesse am eigenen Umfeld. Dauert dieser Zustand über lange Zeit an, kann sich der innere Schmerz nach einer schmerzhaften Trennung im schlimmsten Fall zu einer starken Depression entwickeln und dem Betroffenen den Lebensmut nehmen. In diesem Fall ist es wichtig, professionelle Hilfe zu suchen.

Lust aufs LEBEN: Wovon hängt es ab, wie man mit dem Trennungsschmerz umgeht?
Sabrina Limbek: Trennungen und Liebeskummer sind eine sehr individuelle Angelegenheit, in der viele verschiedene Faktoren eine Rolle dabei spielen, wie schnell die Betroffenen neue Perspektiven für sich entdecken.

Lust aufs LEBEN: Was ist der Unterschied zwischen verlassen und verlassen werden?

Sabrina Limbek: Ob wir – egal ob Mann oder Frau – verlassen werden oder wir unsere/n Partner/in verlassen, macht einen großen Unterschied beim Verarbeiten und Überwinden von Liebeskummer!
Während derjenige, der verlässt, diese Entscheidung trifft hat er/sie bereits Zeit gehabt, um genau zu überlegen, was er/sie sagen und wie er/sie die Trennung begründen wird. Vor allem, um sich Gedanken zu machen, wie es danach weitergeht. Der/die Verlassene muss zunächst den Schock überwinden und befindet sich in einer Art Erstarrung. Daher fühlt es sich für den/die Verlassene besonders schmerzhaft an. Es war schließlich nicht seine/ihre Entscheidung. Dazu kommen Schamgefühle und Mangel an Selbstwertgefühl.
Wobei ich hier auch noch erwähnen möchte, dass dies nicht unbedingt für eine Gewaltbeziehung zutrifft. Es kann durchaus dringend notwendig und lebensrettend sein, eine ungesunde Beziehung zu beenden. Hier handelt es sich um eine Notsituation und die Entscheidung wurde anders getroffen, als in einer Beziehung in der es einfach nicht mehr genug Gefühle gibt, die eine glückliche Beziehung voraussetzt.

Lust aufs LEBEN: Was sind die häufigsten Gründe für Trennungen?
Sabrina Limbek: Untreue, Mangel an Zuneigung und Wertschätzung, zu wenig Zeit füreinander, keine gemeinsamen Perspektiven sind wohl die häufigsten Gründe, die zur Trennung führen. Meistens ist es eine Kombination aus mehreren Faktoren, die gleichzeitig wirken.

Lust aufs LEBEN: Inwiefern finden Betroffene bei euch Hilfe?
Sabrina Limbek: Trennungen sind Trauerprozesse und verlaufen in 4 Phasen:

1.Phase Nicht wahrhaben wollen (Leugnen)
2.Phase Gefühlschaos
3.Phase Neuorientierung, Perspektivenerweiterung
4.Phase Neues Lebenskonzept, Neugestaltung

Wir unterstützen unsere Teilnehmerinnen dabei, diese Phasen bewusst wahrzunehmen und begleiten sie in diesem Prozess. Uns ist wichtig, dass ihre Selbstversorgung und Selbstliebe wieder einsetzt. Wir unterstützen Menschen nach schmerzhaften Trennungen dabei, sich wieder stark und liebenswert zu fühlen, um ihr Leben wieder glücklich zu gestalten.

Lust aufs LEBEN: Was sind die wichtigsten SOS-Tipps in einer Trennungssituation?
Sabrina Limbek: Wenn man merkt, dass man allein durch “Reden mit guten Freunden und der Familie” nicht weiterkommt, der Schmerz zu groß ist und das restliche Leben wie Beruf und soziale Kontakte darunter leidet, sollte man sich auf jeden Fall Hilfe holen! Wie bereits beschrieben, kann Liebeskummer und Trennungsschmerz zu Depressionen führen.

Allgemein kann man dazu raten:
- auf Abstand gehen: Gespräche über die Beziehung und die Trennung einzustellen. Den Kontakt vermeiden.
- sich um sich selbst zu kümmern: Gutes tun! Vor allem sich selbst!
– sich den Gefühlen zu stellen: Es darf geweint werden, man darf wütend sein -alles ist erlaubt, aber bitte nicht mehr vor dem/der Expartner/in.
-sich selbst Zeit zu lassen: Es dauert solange es dauert und es ist ok!

Lust aufs LEBEN: Beraten Sie auch in die Richtung „Ex zurück“ - es gibt dazu im Moment ein sehr großes Online-Angebot.
Sabrina Limbek: Ich bin ein großer Fan der Ex-Zurück Strategie, wobei ich der Meinung bin, dass man niemanden beeinflussen kann, der bereits eine Entscheidung getroffen hat. Allerdings setzt die Ex zurück-Strategie genau an den Trennungsphasen an und widmet sich gerade in der ersten Phase des “Nicht Wahrnehmen-Wollens” dem Bedürfnis und dem Gefühl, alles wieder rückgängig und besser machen zu wollen. Was auch immer dabei herauskommt – die Menschen werden bei dieser Strategie in den Trennungsphasen begleitet und in allen Phasen gestärkt, um neue Perspektiven zu gewinnen. Diese Strategie führt in jedem Fall die Betroffenen zu sich selbst. Besonders gut finde ich die Kontaktsperre, in der es darum geht, keinen Kontakt mit dem Ex aufzunehmen, weil sie einem wieder ein Stück Würde und Kontrolle über sich selbst zurück gibt. Am Ende ist es dann gar nicht mehr wichtig, dass die/der Ex wieder zurück kommt, weil die Betroffenen neue Perspektiven und einen neuen Lebensentwurf haben und sich mit sich selbst wieder gut fühlen. Und darum geht es bei der Trennungsbewältigung.


In der Trennungsambulanz verzichten wir ganz bewusst auf dieses Versprechen. Je schneller wir akzeptieren, dass wir die Gefühle des Anderen nicht kontrollieren oder beeinflussen können, desto eher finden wir zu uns und unseren liebenswerten Wesensmerkmalen zurück. Wenn das gelungen ist, steht Neuem und in manchen Fällen sicherlich auch altem Glück nichts mehr im Weg!

Sabrina Limbeck und Beatrix Roidinger

Kontakt:
Trennungsambulanz
Lindengasse 37
1070 Wien
www.trennungsambulanz.at

Die offene Gruppe startet am Donnerstag, am 1. März 2018 von 17.30 bis 19.00 Uhr und findet wöchentlich statt. Kosten: 240 Euro für 5 Termine, die innerhalb von acht Wochen absolviert werden können.

Anmeldung:
Sabrina Limbeck +43 699 113 910 50
Mag. Beatrix Roidinger +43 699 148 148 11
gruppe@trennungsambulanz.at

Auch Einzel- und Paarberatung ist möglich!